© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/24-01/25 / 20.-27. Dezember 2024

Geschichte als Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln
Im politischen Würgegriff

Historische Narrative werden in Osteu-ropa als politische Waffen in Anschlag gebracht.“ Das ist in Westeuropa nicht anders, möchte man diese nicht eben originelle Feststellung Alexa von Winnings und Klaus Gest-was ergänzen. Mit dem freilich gravierenden Unterschied, daß die Geschichtspolitik des „Wertewestens“ nicht derart zentral gesteuert wird, wie dies ausweislich der Studie der Tübinger Historiker in Moskau únd Kiew der Fall ist (Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 3-4/2024). So habe es Wladimir Putin verstanden, die postsowjetische Gesellschaft schon lange vor Beginn der Ukraine-Invasion mental aufzurüsten und sie mit dem „patriotischen Sound von Größe, Krieg und Sieg auf Linie zu bringen“. Gerade in der außenpolitischen Instrumentalisierung von Geschichte ersetzen historische Mythen das Völkerrecht. Dementsprechend habe sich im Herbst 2023 mit der Einführung neuer Schulbücher der Druck des „geschichtspolitischen Würgegriffs“ weiter erhöht. Auf die „schamlose Klitterei“ etwa der Versuche, der Ukraine ihre Geschichte und Kultur zu rauben, reagiere Kiews Geschichtspolitik jedoch mit nicht weniger zimperlichen Methoden. Denn auch dort dominiere die propagandistische Verwertung nationaler Traumata wie dem des stalinistischen „Hunger-Holocausts“ von 1932/33. (ob)   www.friedrich-verlag.de