© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/24-01/25 / 20.-27. Dezember 2024

Frühliberale Definition der Nation als Abstammungsgemeinschaft
„Rassistisches Selbstverständnis

Die ältere Nationalismus-Forschung unterscheidet grob zwischen einem emanzipativen „Frühnationalismus“, der sich von den  Befreiungskriegen bis 1848 erstreckt, und einem „Radikalnationalismus“, der sich während des wilhelminischen Kaiserreichs formiert. Für Christian Jansen sei eine derart saubere Trennung zwischen zwei Phasen des deutschen Nationalismus jedoch nicht plausibel (Politikum, 3/2024). Vielmehr weise auch der Vormärz-Liberalismus, behauptet der Trierer Hans-Mommsen-Schüler, ungeachtet aller seiner kosmopolitischen Elemente, voraus auf seine spätere radikale Variante. Denn die große Mehrheit der Frühliberalen „begriff die Nation als Abstammungsgemeinschaft, war kriegerisch, artikulierte Überlegenheit gegen Nachbarvölker sowie antisemitische und antifranzösische Ressentiments“. Ein großer Erfolg der 1848er Revolution sei es daher gewesen, verhindert zu haben, daß Preußen sich nach dem Vorbild Englands und Frankreichs als nicht ethnisch definierter Nationalstaat entwickeln konnte. In dieser „völkischen Kontinuität“ stehend, bekam der Radikalnationalismus durch die Kolonialbewegung erheblichen Auftrieb, die sein „rassistisches Selbstverständnis“ entscheidend prägte, das, wie Jansen offenbar ernsthaft glaubt, dem Nationalismus westlicher Kolonialmächte gänzlich fremd war. (dg) 

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