Die „Cancel Culture“ trifft auch auf Gegenwehr. Im Interview mit der Osnabrücker Zeitung kritisiert die Kinder- und Jugendbuchautorin Cornelia Funke die nachträgliche Änderung literarischer Klassiker, um angeblich rassistische Begriffe zu entfernen. „Damit greift man in das Werk eines Autors ein, der aus seiner historischen Perspektive geschrieben hat“, stellt die 66jährige klar, die mit Büchern wie „Tintenherz“ oder „Die wilden Hühner“ bekannt wurde.
Ein Beispiel sei Astrid Lindgren, die trotz ihrer progressiven liberalen Haltung in einem historischen Kontext den Begriff „Negerkönig“ verwendet habe.
Dabei zeigt sich Funke gar nicht mal radikal ablehnend gegenüber linken Herangehensweisen. Sie selbst arbeite mit sogenannten Sensitivity-Readern zusammen, die ihre Werke auf stereotype oder diskriminierende Inhalte prüfen, erzählt sie. Dies dürfe jedoch nicht zu einer übertriebenen Politischen Korrektheit führen: „Wir dürfen keine politischen Saubermänner werden, die den Geschichten die Empfindsamkeit nehmen.“ Beim Schreiben über Figuren aus anderen Kulturen oder mit anderer Hautfarbe bezeichnet sich Funke als „Gestaltwandlerin“. „Als Geschichtenerzähler“ brauche man die Hoffnung, sich in andere Charaktere hineinversetzen zu können. „Andernfalls könnte ich nur über die Gefühle 65jähriger weißer deutscher Frauen schreiben – und das wäre doch sehr langweilig.“