Die Debatten um den Ursprung des Coronavirus und die Covid-19-Politik kochen weiter. Ein 520seitiger Bericht im Auftrag des US-Repräsentantenhauses kommt zu dem Schluß, daß Sars-CoV-2 mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einem Labor des Wuhan Institute of Virology (WIV) entwichen ist. Grundlage dafür sind neue Beweise, die auf Gain-of-Function-Forschung hinweisen. Dabei werden Viren gezielt infektiöser oder gefährlicher gemacht, um künftige Pandemien besser vorhersehen zu können. Ein Teil dieser Forschung wurde durch US-Gelder unterstützt.
Der Bericht der von Republikanern dominierten Kongreßkammer verweist auf Vorschläge aus dem Jahr 2018, Sars-ähnliche Viren mit den Eigenschaften von Sars-CoV-2 zu erschaffen. Auch demokratische Abgeordnete erkannten die „Laborthese“ als plausibel an. Die Möglichkeit einer Zoonose (natürliche Übertragung von Tieren auf Menschen) wird aber nicht ausgeschlossen. Diese Untersuchung hat die Frage nach der Rolle der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft neu entfacht. Der Hamburger Physiker Roland Wiesendanger und der Berliner Virologe Christian Drosten gerieten 2022 in einen öffentlichen Streit über den Ursprung des Coronavirus. Wiesendanger argumentierte, daß Sars-CoV-2 durch einen Laborunfall im WIV entstanden sein könnte. Er wies in dem Zusammenhang auf die Gefahren durch die Gain-of-function-Forschung hin. Drosten warf er vor, die Öffentlichkeit über den Ursprung der Pandemie gezielt getäuscht zu haben.
Die Kollateralschäden der Covid-Politik erkennen und lindern
Drosten hatte sich zusammen mit 26 anderen Wissenschaftlern in einem Brief in The Lancet schon im Februar 2020 auf die Zoonose-Theorie des Sars-CoV-2 Ursprungs festgelegt – und die Laborthese als „Verschwörungstheorie“ bezeichnet. Er zog gegen Wiesendanger vor Gericht. Die Berufung des Verfahrens beim Hanseatischen Oberlandesgericht ergab am 6. Dezember 2022, daß Wiesendanger Drosten keine gezielte Täuschung der Öffentlichkeit mehr vorwerfen darf. Von einer „Desinformationskampagne“ zu sprechen sei aber möglich.
Parallel zur Diskussion um den Virus-Ursprung beleuchtet der Bericht auch die Wirksamkeit der Maßnahmen. Die Lockdowns hätten der Wirtschaft sowie der mentalen Gesundheit der Amerikaner „unnötig geschadet“. Medizinische Behandlungen wurden aufgeschoben, psychische Erkrankungen nahmen dramatisch zu, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Die monatelangen Schulschließungen führten zu erheblichen Lernrückständen, die insbesondere Kinder aus sozial schwächeren Familien hart trafen. „Trotz fehlender wissenschaftlicher Grundlage wurden Impfpässe de facto zu einem Lockdown für nicht geimpfte Amerikaner.“
Und weiter hätten die ohne ausreichende wissenschaftliche Grundlage beschlossenen Maßnahmen und die sie flankierende Propagierung der Regierungen zu einer gesellschaftlichen Polarisierung geführt. Die Akzeptanz staatlicher Eingriffe habe abgenommen, und das Vertrauen in Institutionen wurde nachhaltig geschädigt. Alternative milde Strategien, wie ein stärkerer Schutz der Risikogruppen bei gleichzeitiger Offenhaltung der Gesellschaft, hätten besser untersucht und umgesetzt werden können. Der US-Bericht unterstreicht die Notwendigkeit einer umfassenden Aufarbeitung der Corona-Krise. Insbesondere die Verbindung zwischen Wissenschaft und Politik steht dabei immer wieder im Fokus. Das Repräsentantenhaus meint: „Es ist nie zu früh, den Kollateralschaden der Covid-Politik anzuerkennen und damit zu beginnen, ihn zu lindern.“
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