© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/24 / 13. Dezember 2024

Frisch gepresst

Nida-Rümelin. Nur sehr kurz, von 2001 bis 2002, gehörte der sozialdemokratische Münchner Kulturreferent Julian Nida-Rümelin der rot-grünen Bundesregierung an. Zu diesem schnellen Abgang und zur Rückkehr ins akademische Amt trug wesentlich das Image des häufig abwesenden, deswegen mit dem Spitznamen „Nie-da“ belegten Kulturstaatsministers bei. In einer Mischung aus Autobiographie und Zeitdiagnose geht Emeritus Nida-Rümelin zwar auch auf diese Episode seiner Karriere detailliert ein, zeigt aber über die längste Strecke keine Neigung, Politik anekdotisch zu personalisieren. Stattdessen erörtert er gesellschaftliche Probleme, über die er als Vertreter der praktischen Philosophie und politischen Theorie an der Universität München gearbeitet hat: ethische Dimensionen von Gentechnik, Biotechnologie, Künstlicher Intelligenz, digitaler Transformation, Transhumanismus. Zudem widmet sich der langjährige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Philosophie weltpolitischen Phänomenen wie dem Ukrainekonflikt, der Demokratie und Wissenschaft bedrohenden Cancel Culture, der Masseneinwanderung, die der SPD-Mann erfrischend undogmatisch kommentiert („reale Undurchführbarkeit des Asylrechts“) und der „dürftigen Ausbildung von Politikern“. Um hier nicht in Abgründe blicken zu müssen, schweigt des Sängers Höflichkeit über ein Musterexemplar dieser Gattung, seine grüne Nach-Nachfolgerin Claudia Roth mit ihrem abgebrochenen Theaterwissenschaftsstudium. (wm)

Julian Nida-Rümelin: Ähren im Wind. Politische Orientierung in fordernder Zeit. Piper Verlag, München 2024, gebunden, 301 Seiten, 24 Euro




Cannabis. Für die einen war die Legalisierung der Droge überfällig, für andere ist sie eine Katastrophe. Macht Kiffen dumm? Ist es eine Einstiegsdroge? Oder doch erheblich weniger ungesund als Alkohol und Nikotin? Kann der Konsum sogar Krebs heilen? Diesen und weiteren Mythen geht das Buch der Psychologieprofessorin Eva Hoch und des Psychiaters und Suchtforschers Ulrich Preuss auf den Grund. Die Herkunft der Pflanze, die psychischen und physischen Risiken für Konsumenten und die Milliardenindustrie hinter dem Rausch – alles wird hier behandelt. Die Autoren wollen damit „möglichst aktuell, objektiv und undogmatisch den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu den Risiken und dem Potential von Cannabis“ zusammenfassen. Auch Betroffene kommen zu Wort. Besorgte Eltern, suchtkranke Konsumenten, aber auch ein 45jähriger Geschäftsführer, dessen chronische Tics und motorischen Störungen nach einer Therapie mit einem medizinischen Cannabisprodukt erheblich weniger wurden. (st)

Eva Hoch, Ulrich W. Preuss: Cannabis – Konsum, Gefahr, Mythen, Nutzen. Verlag Langen Müller, München 2024, gebunden, 166 Seiten, 20 Euro