Nach dem 8. Mai 1945 wurden der großen Nachfrage wegen zahlreiche kriegsbeschädigte Theaterspielstätten schnell wieder hergerichtet oder vollständig neu gebaut. Während der Wohnungsbau schleppend anlief, öffnete etwa 1951 das Berliner Schillertheater wieder, 1953 folgte das Bochumer Schauspielhaus, 1955 die Hamburger Staatsoper. Dieser hohe Stellenwert, den der Theaterbau zwischen 1949 und 1975 beim Wiederaufbau westdeutscher Städte genoß, war Thema des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft von 2014 bis 2020 finanzierten Projekts „Spielräume der Demokratie“, dessen Resultate der Hamburger Architekturhistoriker Frank Schmitz in Kurzfassung präsentiert (forschung, 3/2024). Beispielhaft für die politisch-pädagogischen Absichten, die die neue Theaterarchitektur verfolgte, stehe das von 1962 bis 1967 errichtete Stadttheater in der Bundeshauptstadt Bonn. Das Haus sollte, mit weißem Marmor im Foyer, zwar repräsentativ erscheinen, um die Prosperität des Wirtschaftswunderlandes zu spiegeln, mußte aber zugleich die egalitäre demokratische Ordnung veranschaulichen. Historisch negativ besetzte Fassadenelemente wie Säulen galt es dabei ebenso zu vermeiden wie „Hierarchisierungen“ im Zuschauerraum, die Rang und Parkett trennten und Assoziationen an höfische Theatersäle weckten. Ob solche architektonischen Repräsentationen demokratischer Gesellschaftsstrukturen tatsächlich dazu beitrugen, das bundesdeutsche Gleichheitsgefühl zu steigern, scheint Schmitz eher fraglich angesichts heutiger linker Empörungen über hohe Sanierungskosten für die in die Jahre gekommene „Architektur der bürgerlichen Hochkultur“. (wm)
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