© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/24 / 06. Dezember 2024

CD-Kritik: Staatskapelle Dresden – Live in Leningrad 1963
Говорит Ленинград
Jens Knorr

Die Rundfunkübertragung beginnt mit einer Ansage in russischer Sprache. Im Winter 1963 unternahm die Staatskapelle Dresden im Rahmen des deutsch-sowjetischen Kulturabkommens eine Konzertreise in die Sowjetunion. In der Historischen Rundfunksammlung von Radio Leningrad, jenes Senders, der 1942 die Uraufführung von Schostakowitschs Siebenter Symphonie, der „Leningrader“, aus dem Großen Saal der Leningrader Philharmonie übertragen hatte, haben sich Bänder des Konzerts erhalten, das am 25. Januar 1963 in dem geschichtsträchtigen Saal stattfand.

Unter ihrem Chefdirigenten Otmar Suitner spielen die Dresdner Haydns Symphonie Nr. 88 und Schuberts Symphonie C-Dur, die „Große“, zwei Österreicher unter Stabführung eines Österreichers, und als Zugaben die Ouvertüren zu den beiden deutschesten aller deutschen Opern der ehemaligen Dresdner Kapellmeister Weber und Wagner.

O wie ängstlich, o wie feurig sie spielen. Eine gewisse Steifheit, ja, Prätention in den Einleitungen zu den Symphonien, einige Unsauberkeiten der Hörner in der „Freischütz“-Ouvertüre, dem Drang und Zwang geschuldet, alles richtig machen zu wollen und zu müssen, verraten die Anspannung der Musiker und stehen der angestrebten Luzidität wohl auch im Wege, die Suitner mit dieser und mehr noch mit seiner Berliner Kapelle an ihren besten Tagen erreichen sollte.

Auf 83 Seiten wird im Beiheft die Tournee dokumentiert – eine Botschaft zu rechter Zeit.

Staatskapelle Dresden Live in Leningrad 1963 hänssler profil 2024 https://haensslerprofil.de  www.staatskapelle-dresden.de