Rumänien ist knapp einem Wahlchaos entgangen, der das Balkanland für einige Zeit unregierbar gemacht hätte. Und so war das Aufatmen groß, als das Verfassungsgericht am Montag abend das amtliche Ergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahl als rechtmäßig einstufte. Die vom Gericht angeordnete Neuauszählung der Stimmen habe die Korrektheit des zuvor bekanntgegebenen Ergebnisses bestätigt, so Gerichtsvorsitzender Marian Enache. Es habe auch keine Hinweise auf Wahlbetrug gegeben.
Zuvor hatte es mehrere Klagen gegeben: Einerseits weil der Vorsprung der zweitplazierten Elena Lasconi von der liberalen USR vor dem ursprünglich als Favoriten gehandelten, auf Platz drei gelandeten Premierminister Marcel Ciolacu (PSD), nur 2.740 Stimmen beträgt. Zum anderen, weil der überraschende Sieger der ersten Runde, der als prorussisch und Nato-kritisch geltende, unabhängige Kandidat Calin Georgescu, die Finanzierung seines Wahlkampfes angeblich nicht offengelegt hatte. Nun findet am 8. Dezember die Stichwahl zwischen Georgescu und Lasconi statt.
Ministerpräsident Ciolacu zeigt sich offen für nationalistische Kräfte
Zuvor stand am vergangenen Sonntag die Parlamentswahl an, bei der die regierenden Sozialdemokraten mit 22,4 Prozent stärkste Kraft wurden, indes im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren 6,6 Prozentpunkte verloren. Die als extrem rechts geltende AUR erreichte 18,2 Prozent (plus neun Prozentpunkte), die konservative PNL 14,3 Prozent. Da mit der SOS Romania und der POT zwei weitere rechte Parteien über die Fünfprozenthürde sprangen, kam das nationale Lager insgesamt auf etwa 30 Prozent der Stimmen. Der PSD-Politiker Victor Negrescu, Vizepräsident des EU-Parlaments, kündigte dennoch rasch an, den europäischen Kurs Rumäniens fortsetzen zu wollen. Die PNL erklärte, zu einer Koalition mit der PSD bereit zu sein.
Die Vorsitzende der SOS, Diana Șoșoacă, rief dagegen alle nationalistischen Kräfte auf, eine Regierung mit der AUR zu bilden. Der bisherige Ministerpräsident Ciolacu zeigte sich ebenfalls offen für nationalistische Kräfte: „Wir müssen weiterhin unser Land mit europäischen Mitteln entwickeln und dabei unsere Identität, nationalen Werte und unseren Glauben bewahren.“
Dabei dürfte er auch die 18- bis 30jährigen sowie die rund 700.000 Auslandswähler im Blick haben, bei denen die AUR besonders gut ankam. Mehr als 45 Prozent der vor allem in Frankreich, Italien und Spanien lebenden Rumänien wählten eine der drei nationalistischen, europaskeptischen Parteien.