Urbane Blumenwiesen waren auch in diesem Jahr angesagt. Kein Großvermieter, der nicht mit Schildern verkündete, daß das vor seinen Häusern wild Sprießende kein Unkraut sei, sondern blütenreicher Lebensraum für Insekten und Vögel. Früher mußten Hausmeister und Gärtner Grünanlagen kurz halten, es galt als Versagen, wenn irgendwo ein Löwenzahnstengel den Mähmessern entgangen war. Jetzt darf die Mahd nur noch ein- bis zweimal im Jahr erfolgen. Selbst beim Schnittgerinne drücken Stadtverwaltungen beide Augen zu und lassen wachsen, was da wächst. Immerhin dürfen weiter Kleintraktoren mähen – noch gibt es keinen Sensenzwang. Trotzdem wird in Deutschland offenbar vieles falsch gemacht. Es werde zu früh gemäht und zu viel gedüngt, mäkelt die EU und ihr Gerichtshof. Allerdings betrifft das EuGH-Urteil nicht die urbanen Blumenwiesen, sondern die „Magere Flachland-Mähwiese“ und die „Berg-Mähwiese“.
Häufiges Mähen und intensives Düngen macht den artenreichen Wiesen den Garaus.
Diese seien nicht so unter Schutz gestellt worden, wie es die FFH-Richtlinie verlangt: Es würden immer mehr dieser wertvollen Lebensräume verschwinden. Immerhin wurde noch keine Geldstrafe ausgesprochen, Berlin hat Zeit nachzubessern. Insbesondere bei den Bauern. Da diese energiereiches Futter für ihre Milchkühe benötigen, wird von ihnen auch das Grünland sehr intensiv bewirtschaftet. Häufiges Mähen und intensives Düngen macht aber artenreichen Wiesen den Garaus. Allerwelts-Futtergras-Arten setzen sich durch. Das Urteil sei ein „alarmierender Weckruf für besseren Naturschutz“, so der Naturschutzbund. Er fordert, die Landwirte für ihre Pflegearbeiten zu entlohnen und rät den Behörden, ihre Experten aufs Land zu schicken, um eine „gewisse Aufklärungsarbeit“ zu leisten. Erstes Ziel könnte Baden-Württemberg sein. Da gibt es mit 62.700 Hektar Mähwiesen 40 Prozent der Mähwiesenfläche Deutschlands.