Wie man den Qualitätsmedien entnehmen kann, sind die Vertreter des „Globalen Südens“ enttäuscht über den Beschluß der Weltklimakonferenz in Baku, ihnen lediglich 300 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. So sprach die Vertreterin Nigerias unter Applaus von einem „Witz“ und einer „Beleidigung“, die indische Unterhändlerin nannte die Summe „abgründig klein“ und „dürftig“. Stellt sich die Frage, woher die Damen das Selbstbewußtsein nahmen, in dieser Weise aufzutreten? Nigeria erfüllt nicht einmal die Kernanforderungen, die für Staatlichkeit gelten; die Geburtenrate liegt bei fast sechs Kindern pro Frau, die Bevölkerungsdichte ist die höchste Afrikas und bis zur Mitte des Jahrhunderts wird es wahrscheinlich 400 Millionen Nigerianer geben. Indien rühmt sich gern, die „größte Demokratie der Welt“ zu sein, doch das politische System kennt weder Rechtssicherheit noch elementare Formen des sozialen Ausgleichs; vor einer Woche versank die Hauptstadt Neu-Delhi im Smog, dessen Dichte fünfzigmal höher als der Normalwert lag. Aber wahrscheinlich spielt das alles keine Rolle. In Baku wirkte eben der genius loci: Immerhin hat vor gut 100 Jahren an demselben Ort der „Kongreß der Völker des Orients“ getagt. Organisiert wurde die Zusammenkunft durch die Kommunistische Internationale, und der Marxist Lenin erklärte den Islam zur „Religion der Unterdrückten“, während Sinowjew, sein Kommissar für äußere Angelegenheiten, zum „wahrhaften Heiligen Krieg“ gegen die weißen Kolonialherren hetzte.
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„Ich muß aber darauf insistieren, daß rassistische Vorurteile und Ausländerfeindlichkeit allein nichts nützen, wenn sie nicht in die Delegitimierung dieser Bundesregierung (und der mutmaßlichen folgenden) durch ein vorurteilsgefestigtes und vorausschauendes Wahlverhalten münden!“ (Michael Klonovsky, Acta diurna, 17. November 2024)
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Die Veröffentlichung des „Deutsch-Polnischen Barometers“, das regelmäßig die wechselseitige Wahrnehmung in beiden Ländern erhebt, kommt zu dem Ergebnis, daß die Stimmungslage insgesamt zufriedenstellend ist. Allerdings fällt auf, daß ein größerer Teil der Polen – ein gutes Drittel – die Beziehungen weniger auf Gegenwart und Zukunft ausgerichtet wissen will und eine stärkere Bereitschaft der Deutschen erwartet, sich mit den von ihren Vorfahren in Polen begangenen Verbrechen auseinanderzusetzen. In dem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über das „Barometer“ (Ausgabe vom 15. November) wird daraus nicht nur Verständnis für die Reparationsforderungen Warschaus abgeleitet, sondern auch abschließend festgehalten: „Mehr deutsche Kenntnisse über Vergangenheit und Gegenwart Polens scheinen somit ein Schlüssel für gedeihliche deutsch-polnische Beziehungen zu sein.“ An dieser Einschätzung sind Zweifel erlaubt. Denn diesseits der Oder-Neiße-Linie existiert keine politisch relevante Kraft, die neue Spannungen im Verhältnis der Nachbarn wünscht. Was auch mit der Anerkennung der historischen Verantwortung zusammenhängt. Wovon in Polen keine Rede sein kann. Oder gibt es irgendwo erkennbare Bereitschaft, die fatale Rolle anzuerkennen, die das Land im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs gespielt hat, angefangen bei der Unterdrückung der nationalen Minderheiten – einschließlich der deutschen – über die Beteiligung an Hitlers „Zerschlagung der Resttschechei“ und dem auftrumpfenden Verhalten in der Krise des Sommers 1939? Nicht zu reden von den weitreichenden Annexionsplänen, die man seit Gründung der Republik diskutiert und während des Krieges gegenüber den Alliierten wieder vorgetragen hat, um sie dann mit der Internierung in KZ-artigen Lagern, Vertreibung, aber auch massenhafter Ermordung der Deutschen in den „wiedergewonnenen Westgebieten“ zu verwirklichen?
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„Manchmal heißt es als Rechtfertigung für die Zurschaustellung der Leichen, zum Totenkult der Ägypter habe auch die Interaktion mit dem Toten gehört. Aber wenn der Wunsch nach Interaktion umfaßt hätte, daß man dem Toten ständig ins ledrige Angesicht oder in die Körperöffnungen schaut, dann hätten sie ihn nicht in fünf ineinander geschachtelte Särge und einen Steinsarkophag verpackt und in eine versiegelte Grabkammer gesteckt.“ (Esther Widmann in einem Beitrag für die Neue Zürcher Zeitung vom 16. November 2024)
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Die Nummer 246 von National Hebdo – damals die Wochenzeitung des Front National – erschien im Februar 1989 mit der Schlagzeile „Juifs – Musulmans – La Guerre en Europe“ – „Juden - Muslime – Der Krieg in Europa“. Dabei ging es um die wachsenden Spannungen zwischen der jüdischen Gemeinschaft und den Einwanderern aus islamisch geprägten Gegenden, die irgendwann eskalieren müßten. Angesichts der Art und Weise, in der das „Hochrisikomatch“ zwischen den Fußballnationalmannschaften Frankreichs und Israels in Paris am 15. November militärisch gesichert werden mußte, um antisemitische Ausschreitungen wie in Amsterdam zu verhindern, wird man dem eine gewisse prophetische Qualität nicht absprechen können.
Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 13. Dezember in der JF-Ausgabe 51/24.