© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/24 / 29. November 2024

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Die einen empfinden sie als hektisch, die anderen verspüren Vorfreude. Gemeint ist die jetzt beginnende Adventszeit. Ich erinnere mich in diesen Tagen vor allem einiger Verse aus dem Gedicht „Stille“, dessen letzte Fassung Gottfried Benn – einer der bedeutendsten deutschen Lyriker der literarischen Moderne – am 24. Dezember 1955 niederschrieb. Sie lauten: „Stille,/ das Einstige und Kommendes für Fremde,/ und wo das Heutige, ein dunkler Laut:/ „bleib noch an meiner Seite,/ vielleicht nicht lange mehr,/ zuviel Verfall in mir/ zu schwer/ und müde.“

Dubai-Schokolade oder der dümmste Trend, dieses Jahr zu naschen.

In vielen Kulturkreisen gelten Eulen wegen ihrer doppelbödigen Natur „halb als Vögel und halb als Geister“.

Lesefundstück I: „Mann und Frau? Ein Märchen aus uralten Zeiten.“ (Botho Strauß, „Das Schattengetuschel“, 2024)

Lesefundstück II: „Die Wahrheiten sind Illusionen, von denen man vergessen hat, daß sie welche sind. (Friedrich Nietzsche, „Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn“, 1873)

Es gibt nur wenige Tiere, die so doppelbödiger Natur sind wie Eulen. In vielen Kulturkreisen gelten sie „halb als Vögel und halb als Geister, als eine Mischung aus Realität und Übersinnlichem. Einerseits sind sie Symbole für Wissen und Weisheit, andererseits die Überbringer von Unglück, Krankheit oder sogar Tod“, schreibt die US-Autorin Jennifer Ackermann in ihrem neuen Buch „Die Weisheit der Eulen“. Sie seien „zurückhaltend, wachsam und geheimnistuerisch“, zugleich „sanft und tödlich, niedlich und brutal, wild und lustig“. Mich faszinieren diese Vögel seit jeher und um so mehr, seit ich dieses Jahr zweimal im Wildpark Johannismühle im brandenburgischen Klasdorf war. Eine auf dem dortigen Gelände ansässige Falknerei bietet – außer in den Wintermonaten – zweimal täglich Flugvorführungen an, darunter auch mit Uhu, Bartkauz und Schneeeule. Besonders beeindruckend sind die Sinneswahrnehmungen der Tiere, beispielsweise ihr außerordentliches nächtliches Seh- und Hörvermögen, und ihre erstaunlichen Fähigkeiten, wie den Kopf auf den Rücken zu drehen, oder ihr nahezu geräuschloser Flug. Die renommierte Vogelexpertin Ackermann – sie schreibt seit mehr als 30 Jahren über Wissenschafts- und Naturthemen, unter anderem für The New York Times Magazine und National Geographic – widmet sich in ihrem Eulen-Buch den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen über diese rätselhaften Vögel, ihren anatomischen und biologischen Eigenschaften, ihrem Verhalten und wie sie kommunizieren, balzen, sich paaren und ihre Jungen großziehen, wie sie schlafen und wie sie jagen. Eine Lektüre nicht nur für Nachteulen.

Jennifer Ackermann: Die Weisheit der Eulen. Der geheimnisvollste Vogel der Welt und seine Talente. dtv, München 2024, gebunden, Abb.,376 Seiten, 26 Euro