© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/24 / 29. November 2024

„Go woke, go broke“ hat zugeschlagen
Luftfahrtbranche: Wie die woke Kartellamtschefin Lina Khan die Fusion von Jetblue und Spirit verhindert hat
Thomas Kirchner

Go woke, go broke – Bud Light, John Deere und Target brachte es Umsatzrückgänge und Kursrutsche. Nun mußte die US-Billigfluglinie Spirit Airlines Insolvenz anmelden. Grund ist eine geplatzte Übernahme zur Rettung durch den Konkurrenten JetBlue, die vom US-Kartellamt (FTC) verhindert worden war. Dort treibt seit 2021 Lina Khan ihr Unwesen, die vier Jahre nach ihrem Juraexamen zur Behördenchefin ernannt worden war – eine Personalie, an die man denken sollte, wenn die Qualifikation von Donald Trumps Minister- und Behördenkandidaten angezweifelt wird.

Grund ihrer Blitzkarriere war ein Artikel im Yale Law Journal, den sie noch während ihres Studiums veröffentlicht hatte. Darin forderte sie eine Abkehr von der etablierten Fusionskontrolle, die sorgfältig Auswirkungen auf Verbraucher analysiert. Stattdessen solle eine einfache Doktrin gelten: je größer, desto böser. Damit wandte Khan Ideen der Kritischen Theorie, in der die Welt auf Machtgefüge reduziert wird, auf die Wirtschaft an: Großkonzerne mißbrauchten ihre Macht über Angestellte, Konsumenten und Zulieferer und müßten präventiv zerschlagen, Fusionen dürften nicht erlaubt werden.

Die in London geborene Tochter pakistanischer Eltern avancierte über Nacht zur Vordenkerin progressiver Politik, was Joe Biden mit ihrer Ernennung zur obersten Kartellwächterin honorierte. Doch mit ihren progressiven Ideen stand Khan allein. Vor Gericht scheitert die FTC regelmäßig mit Khans neomarxistischer Umdeutung des Fusionsrechts. Microsofts Kauf von Activision in Höhe von 69 Milliarden Dollar sollte ein Präzedenzfall werden. Heraus kam nur eine Verzögerung um sieben Monate, bis die FTC ihre Klage angesichts ablehnender Entscheidungen zu Detailfragen zurückzog.

Auch bei den Prozessen gegen die Fusionen Amgen/Horizon Therapeutics, Meta/Within und Illumina/Grail kassierte die FTC Niederlagen. Eine Entscheidung zur Fusion der Supermarktketten Kroger und Albertsons steht noch an. Khan versucht das Gericht zu überzeugen, die inzwischen 28 Prozent Marktanteil von Walmart im Lebensmittelsegment müßten bei der Analyse der Wettbewerbslage ignoriert werden. Durch diesen Rechentrick bekämen die Fusionskandidaten eine Monopolstellung. Doch Khan wird wohl scheitern.

Bei Boeing wurden Klima- und Diversitätsziele finanziell belohnt

Eine wirtschaftliche Pleite hat Khans „woke“ Fusionsdoktrin nun im Fall von Spirit zu verantworten, der einzigen größeren Übernahme, deren Blockade sich Khan in ihrer Amtszeit auf die Fahnen schreiben kann. Aus marktwirtschaftlicher Sicht ist das Ende von Spirit schädlich für den Wettbewerb. Aus Khans Sicht hält es die Macht von JetBlue im Zaum und ist damit ein Gewinn.

Die Luftfahrtbranche hat auch anderswo ihre Schwierigkeiten mit den Konsequenzen woker Ideen. Boeings Management war so stark auf „Diversity, Equity und Inclusion“ (DEI) fokussiert, daß die Flugsicherheit unter die Räder kam. Bis 2022 erhielten Manager Boni für die Erfüllung von Sicherheits- und Qualitätsvorgaben. Danach wurden Klima- und Diversitätsziele finanziell belohnt. 90 Prozent aller Bewerbungsgespräche für Führungspositionen sollten mit diversen Kandidaten geführt werden. Mit 92 Prozent wurde das Ziel übererfüllt. Der Trick dabei: Im Gegensatz zu Quoten bei Einstellungen sind sie bei Bewerbungsgesprächen arbeitsrechtlich unproblematisch. Doch wer mit mehr diversen Bewerbern spricht, wird letztlich mehr davon einstellen. DEI ist aber nicht die Hauptursache von Boeings Qualitätsproblemen. Die Vermeidung oder schnelle Behebung von Mißständen haben sie nicht verhindert, vermutlich aber davon abgelenkt. Die Probleme sind tiefgreifender. Als Boeing auf „woke“ setzte, waren die Weichen schon längst auf Debakel gestellt.

Khans Amtszeit lief am 26. September aus. Sie bleibt aber kommissarisch im Amt. Einen letzten Versuch, überhaupt etwas zu hinterlassen, unternimmt sie nun mit der Zerschlagung von Google. Durch Abtrennung des Browsers Chrome soll der Konzern verkleinert werden. Dahinter steckt politisches Kalkül: Trumps erster Kandidat für das Justizministerium, das mit der FTC Zuständigkeit im Kartellrecht teilt, war Matt Gaetz, der den großen Internetkonzernen skeptisch gegenübersteht. Kritiker verspotten ihn deshalb als „Khan-servativen“. Hätte er sich nicht selbst zurückgezogen, hätte er Googles Zerschlagung vielleicht sogar fortgeführt.


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www.yalelawjournal.org/pdf/e.710.Khan.805_zuvfyyeh.pdf