Vernarrt sind sie in deutsche Autos, die Albaner. Ob Mercedes, BMW, Audi, Porsche oder VW – auf den Straßen des Balkanlandes fährt einem auf Schritt und Tritt irgendein deutsches Fabrikat über den Weg. Wobei, so ganz ausgewogen ist die PKW-Wahl dann doch nicht: Der Mercedes ist der Traum-Wagen des Zwei-Millionen-Volks zwischen Montenegro und Griechenland. 

Der gute Stern aus Stuttgart wird nicht nur auf den bekannten Wagen aller noch halbwegs fahrtüchtigen Jahrgänge über die Straßen chauffiert, er prangt auch auf Fahnen, T-Shirts, Uhren und allen nur denkbaren Accessoires, so auch auf Jogginghosen und sogar auf dem Duschkopf, den der Verfasser dieser Zeilen in seiner Wohnung in Tirana vorfand. Irgendein Werbe-Experte der deutschen Automobilindustrie muß da vieles richtig gemacht haben. Ohne Frage ein heißer Kandidat für den Job des neuen Bundeswirtschaftsministers, wenn im nächsten Jahr gewählt wird.

Was dem albanischen Autofahrer sein Mercedes, ist dem albanischen Mann seine Jogginghose. 

Stichwort: deutsche Politiker. Auch die stehen in Albanien erstaunlich hoch im Kurs. Sobald Taxifahrer von der deutschen Herkunft ihrer Fahrgäste erfahren, beginnen sie zu schwärmen: natürlich von deutschen Autos, von deutscher Sauberkeit, von deutschem Wohlstand und – sehr zur Überraschung der Fahrgäste – von deutschen Politikern! 

Angela Merkel sei doch nun im Ruhestand und damit arbeitslos. Die solle doch bitte mit ein paar ihrer Ex-Minister nach Albanien geschickt werden, um die korrupte Polit-Kaste des kleinen Landes abzulösen, erklärt der Chauffeur den verdutzten teutonischen Fahrgästen eines Abends. Die werfen sich daraufhin augenrollende Blicke zu, beginnen aber keinen Disput mit dem fahrenden Gastgeber. Deutsche Höflichkeit.

Was dem albanischen Autofahrer sein Mercedes, ist dem albanischen Mann seine Jogginghose. Gilt in Deutschland weithin Karl Lagerfelds Diktum, wonach Jogginghosen-Träger die Kontrolle über ihr Leben verloren haben, sieht die männliche Bevölkerung Albaniens das völlig anders: Ob ein Restaurant besucht, im Büro gearbeitet oder Freunde auf einen türkischen Kaffee getroffen werden – zu jeder Gelegenheit trägt der Albaner das sportive Beinkleid mit weißen Sneakern, die auf Hochglanz poliert werden. 

Die Vielfalt und Kombinationsfähigkeit der Jogginghose verblüfft dabei genauso wie die Selbstverständlichkeit, mit der die Söhne des schwarzen Doppeladlers sie als Ausdruck gelebter Balkan-Männlichkeit tragen. Dabei drängt sich die Frage auf: Wäre die sportliche Hose auch etwas für Angela Merkel? Die Ex-Kanzlerin unterstrich ihr Macher-Image bekanntlich durch Hosenanzüge. Der albanische Taxifahrer dürfte von einer Angela Merkel in Jogginghose jedenfalls begeistert sein.