Es ist eine Entscheidung, die bei vielen in der AfD für Kopfschütteln sorgt. Die Bundesprogrammkommission der Partei hat die Forderung nach Wiedereinführung der Wehrpflicht aus dem Entwurf für das kommende Bundestagswahlprogramm gestrichen. Denn sowohl das Grundsatzprogramm der AfD als auch die verteidigungspolitischen Leitlinien der Bundestagsfraktion sehen genau dies vor: die 2011 ausgesetzte – keineswegs abgschaffte – Wehrpflicht wieder in Kraft zu setzten. Und so melden sich bereits erste namhafte Kritiker des Beschlusses: „Eine besonnene Außenpolitik, die auf Deeskalation in Europa setzt, und fähige Streitkräfte, die Deutschland jederzeit verteidigen können: Das ist kein Widerspruch, sondern der Zweiklang, der äußere Sicherheit ergibt“, sagte etwa der Bundestagsabgeordnete und hessische Spitzenkandidat Jan Nolte der JUNGEN FREIHEIT.
Das Mitglied im Verteidigungsausschuß des Bundertags will daher auf dem Bundesparteitag am 11. Januar einen Änderungsantrag vorlegen, um die Forderung wieder ins Wahlprogramm zu hieven. „Die Wehrpflicht ist eine Kernforderung der AfD und Voraussetzung sowohl für die personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr als auch für ihre Verwurzelung in der Gesellschaft“, heißt es in dem Papier, das der jungen freiheit vorliegt. Man dürfe auch nicht einzelne Forderungen der AfD aus dem Kontext ihrer weiteren politischen Positionen reißen, heißt es in dem Antrag weiter. „Sollte die AfD in politischer Verantwortung und damit in der Lage sein, ihr Wehrpflichtkonzept umzusetzen, so würde sie auch auf anderen Gebieten ihre Forderungen umsetzen. Dazu gehört eine Deeskalationspolitik, die in der Ukraine auf Diplomatie statt auf Waffenlieferungen setzt und die ganz sicher keinen Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Rußland oder der Ukraine vorsieht.“
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Gerold Otten, der wie Nolte im Verteidigungsausschuß des Bundestages sitzt, sagte, er „bedauere die Entscheidung, und halte es für einen Fehler, keine Aussage zur Wiedereinsetzung der Wehrpflicht in den Programmentwurf aufzunehmen“. Er habe sich „in der Bundesprogrammkommission entschieden dafür eingesetzt, die Forderung aus unserem Grundsatzprogramm nach Wiedereinsetzung der Wehrpflicht auch in das Bundestagswahlprogramm 2025 mit aufzunehmen“. Den Antrag Noltes unterstütze er auf jeden Fall.
Auch der verteidigungspolitische Sprecher der AfD im Bundestag, Rüdiger Lucassen, will an der Wehrpflicht festhalten. „Die Wehrpflicht ist im Grundsatzprogramm der AfD fest verankert. Wegen des kommenden Wahlkampfes bin ich seit Wochen mit Hunderten Mitgliedern in ständigem Austausch. Kein einziger äußerte den Wunsch nach einem Ausstieg der AfD aus der Wehrpflicht“, sagte er dem Sender n-tv. Nach JF-Informationen hatte sich Parteichef Tino Chrupalla gegen eine Aufnahme der Wehrpflicht ins aktuelle Wahlprogramm ausgesprochen. Hintergrund sind Befürchtungen eines Teils der Ostverbände, dies könnte bei der anstehenden Wahl Stimmen kosten. Allerdings hatten die vergangenen Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gezeigt, daß der Ukraine-Konflikt für AfD-Wähler so gut wie keine Rolle spielt.