Der Geldautomat spuckt kein Geld aus. Denn er ist leer. Preise stehen oftmals nicht auf den Produkten, sei es im Buchladen oder im Restaurant, sondern müssen per QR-Code eingescannt werden, da sie sich aufgrund der Inflation täglich ändern können. So erging es mir kurz nach meiner 90minütigen Taxifahrt vom Flughafen Buenos Aires ins Stadtzentrum der argentinischen Hauptstadt.
Da ich morgens gegen 9 Uhr im Hotel ankam, und die ersten Banken erst gegen 10 Uhr öffneten, empfiehl mir der Hotelpage namens Axel, mein Glück bezüglich des Geldwechsels in einem nahe gelegenen Restaurant zu versuchen. Dort empfing mich ein mürrisch dreinblickender, dennoch höflicher Kellner, der gerade erst seinen Dienst begonnen hatte. Bei über 26 Grad, der Sommer beginnt hier nämlich erst, nahm ich draußen an einem Tisch Platz, dessen Stühle immer noch angekettet waren.
Der Kellner machte mich darauf aufmerksam, daß diese Ketten auch den ganzen Tag bleiben würden, weil man erst tags zuvor einen Tisch samt vier Stühlen entwendet habe, am hellichten Tag. Respekt. Ich bestellte meine erste argentinische Mahlzeit, die natürlich zum größten Teil aus Fleisch bestehen sollte. Herrlich.
Vielleicht sieht Maradona in der Ferne eine bessere Zukunft, in der Mileis Reformen erste Früchte tragen.
Was mir nach einiger Zeit auffiel, waren die wenigen Mercedes-Benz-Autos. Während meines sechstägigen Aufenthalts konnte ich diese an einer Hand abzählen, und wenn ich einen erblickte, war es ein Modell für Besserbetuchte. Was kein Wunder ist, denn die argentinischen Importvorschriften lassen den Import einer solchen Karosse zu einem teuren Vergnügen werden.
Im Hotel riet man mir, meine Applewatch abzulegen und meine Goldkette mit Kreuz nicht offen zur Schau zu stellen. Es herrschten zwar keine Verhältnisse wie in Brasilien, aber man solle den Teufel auch nicht herausfordern. Doch ich ließ mir nicht davon die Laune verderben und begann meinen groß angelegten Spaziergang durch die Stadt, die so gänzlich europäisch zu sein scheint, und auch wieder nicht. Auf meinem Weg sah ich Obdachlose, Straßenverkäufer, doch auch volle Cafés und eine Menge Hunde. Wohlgemerkt keine Straßenhunde, sondern die für zu Hause. Axel erklärte mir, daß die Bewohner von Buenos Aires mittlerweile mehr Hunde als Kinder hätten. Überraschen konnte mich nichts mehr, dachte ich, bis ich um eine Ecke bog.
Plötzlich stand ich vor ihm: dem Messias, der „Hand Gottes“. Vor der riesigen Hauswand, auf der Diego Maradona mit geballter Faust in die Ferne schaut. Vielleicht sieht die Legende in dieser Ferne eine bessere Zukunft für Argentinien, in der die Reformen Mileis Früchte tragen werden. Wir werden sehen. Solange blickte ich ehrfürchtig auf die Hauswand, umringt von spielenden Hunden, denn die Wand stand vor einem Hundepark.