© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/24 / 22. November 2024

Für ihn hat sich’s ausgehorcht
Thomas Haldenwang: Weil er für die CDU in den Bundestag will, muß der Verfassungsschutz-Chef seine Amtsgeschäfte vorzeitig niederlegen
Christian Vollradt

Wenn die eigenen Parteifreunde nicht begeistert sind, der politische Gegner sich aber die Hände reiben kann, dann scheint irgendwas im argen zu liegen. Ob Thomas Haldenwang dieser Gedanke mittlerweile auch gekommen ist? Daß den bald ehemaligen Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz Zweifel bezüglich seiner Idee beschleichen, für den Bundestag zu kandidieren, ist nicht überliefert. Daß man von dem Einfall in seiner Partei, der CDU, nicht angetan ist, dagegen schon. 

Verschnupft sei das Konrad-Adenauer-Haus darüber, daß der Chef des Inlandsnachrichtendienstes die Parteispitze nicht vorab über seine Pläne informiert habe, berichtete die FAZ. Dabei wäre es für Haldenwang ein leichtes gewesen, da sowohl CDU-Chef Friedrich Merz als auch Generalsekretär Carsten Linnemann genau wie er dem Landesverband Nordrhein-Westfalen angehören. Tat er es nicht, weil er ahnte, daß man wenig begeistert sein würde, ihm möglicherweise sogar abgeraten hätte?

„Amtspflichten stets neutral wahrgenommen“

Alles habe doch ganz harmlos angefangen, schildert es der Betreffende dem Blatt. Im Oktober habe ihn ein Parteifreund in seiner Heimat Wuppertal angesprochen, ob er nicht bei der Bundestagswahl im September 2025 kandidieren wolle. Mit Blick auf seinen zum Jahresende anstehenden Ruhestand habe er schließlich zugesagt. Dann kam das vorzeitige Ampel-Aus – samt vorgezogener Bundestagswahl.   

Die Nachricht, daß der oberste Verfassungsschützer und Behördenchef, der auch in der Öffentlichkeit die AfD besonders scharf ins Visier genommen hat, nun selbst für eine konkurrierende Partei in die Politik gehen will, ist in den Augen zahlreicher Kritiker „ein Geschenk für die AfD“, so etwa Sahra Wagenknecht (BSW). Hatte doch Haldenwang gerade eine Neueinstufung der AfD für Ende des Jahres angekündigt, mußte dies nun zurückgenommen werden. Letztlich habe er die Arbeit seiner Behörde nun diskreditiert, monieren Kommentatoren. 

Auch die AfD-Vorsitzende Alice Weidel sieht sich bestätigt. Haldenwang habe den Verfassungsschutz mißbraucht „zur Kriminalisierung regierungskritischer Bürger und der Opposition“. Dafür solle er nun mit einem Bundestagsmandat belohnt werden. Der so Gescholtene widerspricht. „Ich habe meine Amtspflichten neutral wahrgenommen. Ich habe nach Recht und Gesetz meine Pflichten erledigt.“ Die gerichtlich bisher bestätigten Einstufungen habe ja nicht er allein vorgenommen.

Seit vergangenem Mittwoch ist Haldenwang ein König ohne Land. An dem Tag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser den Innenausschuß des Bundestags unterrichtet, „daß Herr Haldenwang aufgrund seiner angekündigten Kandidatur für den Deutschen Bundestag ab sofort die Amtsgeschäfte des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz nicht mehr wahrnimmt“. Ob diese vorläufige Amtsniederlegung von ihm ausging oder auf Anweisung Faesers erfolgte, wollte der Ministeriumssprecher nicht verraten. Zu Personalangelegenheiten gebe man wie immer keine öffentliche Auskunft. Erfahren hat Haldenwangs Vorgesetzte von seinen Plänen bereits am Montag.