Nach Zählung der Washington Post soll der Republikaner Donald Trump während der ersten Amtszeit von 2016 bis 2020 einen Rekord an falschen Aussagen aufgestellt haben: exakt 30.573 sollen es gewesen sein. Trotzdem habe eine Mehrheit der Wähler bei seiner Wiederwahl am 6. November an diesem „lockeren Verhältnis zur Wahrheit“ keinen Anstoß genommen. Mithin stelle sich die Frage, der Svenja Flaßpöhler, Chefredakteurin des Philosophie Magazins, und ihre Kollegin Theresa Schouwink nachgehen, ob es in den USA einen für „Trumps Lügen“ fruchtbaren Boden gebe, ob der „Trumpismus“ von einem spezifischen, von Generationen von Intellektuellen geformten geistigen Klima profitiere. Als Hauptschuldigen machen sie in der „philosophischen Schattengeschichte“ der USA den Pragmatismus aus. In dieser von William James (1842–1910) begründeten, seit den 1870ern dominierenden Denkrichtung sind Wahrheiten nur Konstruktionen, die sich bei der Daseinsbewältigung als nützlich bewähren. Damit entfällt die Vorstellung, moralische Werte könnten etwas anderes sein als Konventionen. Denker wie James seien zwar nicht direkt für die „gegenwärtige Postfaktizität“ verantwortlich, Trump habe sie sicher nicht gelesen.Trotzdem erfahre die Erosion des Wahrheitsbegriffs im „Trumpismus ihre groteske Zuspitzung“. (dg) www.philomag.de