© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/24 / 15. November 2024

Zeitschriftenkritik: Leibniz
Hoffen will gelernt sein
Werner Olles

Die Leibniz-Gemeinschaft ist mit ihren bundesweit 96 Instituten eine der vier großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen Deutschlands. Unter ihrem Dach vereint sie zahlreiche wissenschaftliche Disziplinen von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Über die Fachgrenzen hinweg widmen sich die Forscher den großen und aktuellen Herausforderungen unserer Zeit, die sie in ihrer Komplexität aus den verschiedensten Blickwinkeln beleuchten, untersuchen und durchdringen. Leibniz-Institute beschäftigen sich mit gesamtgesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragestellungen, betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung und unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen wie Bibliotheken, Archive und Begegnungsräume. Daneben schaffen die acht Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft eine lebendige Schnittstelle zwischen Wissenschaft und interessierter Öffentlichkeit.

Gottfried Wilhelm Leibniz interpretierte daher Hoffnung folgendermaßen: „Nur die Vorstellung des Guten, welche die entgegengesetzte Vorstellung überwiegt, treibt stets den Willen zur Handlung an.“ Doch kann sie auch durchaus blind für die Realität machen, und die Erkenntnis, ob man gerade richtig oder völlig falsch liegt, ist oft gar nicht so einfach zu treffen. Auch hoffen will also gelernt sein, weil es nicht nur die Welt verändert, sondern auch denjenigen, der hofft.

Die Soziologin Jutta Allmendinger erzählt, wie sie in Sachsen einer angeblich „hoffnungslosen“ Situation entkam, nachdem die AfD dort in der Europawahl über 30 Prozent der Stimmen erhielt. Vorbereitet auf einen sehr harten Tag voller Aggressivität fuhr sie hoffnungsvoll, viel gelassener, fast zuversichtlich zurück, weil alles ganz anders als erwartet war. Auch am AfD-Stand in Gera, den man neben ihr aufgebaut hatte, sei man sofort ins Reden gekommen, ihre Zweifel und Vorurteile verschwanden schnell, man sprach miteinander, und sie verstand, um was es den Leuten geht: Um nicht erwerbstätige und nicht integrierbare Migranten, den Verlust auch guter alter Kulturen, das neue System, eine ungewisse Zukunft, zu viele Sozialschmarotzer, während die Leute aus Vietnam früher alle gearbeitet hätten. All dies spiele eine Rolle. Außer der AfD habe sich keine Partei in Gera gezeigt. Sie „kümmere“ sich, sammele die Sorgen der Leute ein. Parolen wie „Demokratie retten, Populismus verhindern!“ zeugten von Hochnäsigkeit und seien „Quatsch!“ Man müsse Begegnungen wagen und von den Menschen lernen, zuhören, verstehen und „horchen, wo es drückt“.

Kontakt: Leibniz-Gemeinschaft, Chausseestraße 111, 10115 Berlin. Das Abo ist kostenlos. www.leibniz-magazin.de