© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/24 / 08. November 2024

Kabinenklatsch
Lang lebe der Videobeweis
Ronald Berthold

Oft merkt man erst, wie wichtig jemand ist, wenn er plötzlich fehlt. So ging es mir während der zweiten Runde des DFB-Pokals vergangene Woche. Die wurde nämlich ohne den immer noch umstrittenen Videoassistenten gespielt. Wie oft wird auf ihn geschimpft: Die Entscheidungen dauern zu lange, sie rauben Spielfluß und spontane Emotionalität, und es blieben trotzdem immer noch Fehler übrig. Alles richtig: Vor allem der oft erst verzögerte Torjubel ist für den Fußball, der auch von Gefühlsausbrüchen lebt, ein echtes Manko. Aber ich finde, damit können wir leben. Denn die Spiele sind gerechter geworden. Schwalbenkönige feiern keinen zweiten Frühling, und Abseitstore haben keinen Bestand mehr. Niemand kann sich mehr benachteiligt oder betrogen fühlen.

Als der sogenannte VAR unter der Woche Urlaub hatte, setzte vielerorts das altbekannte Meckern über die Schiri-Entscheidungen ein. Am krassesten äußerte sich der Mainzer Dominik Kohr, der glatt behauptete, Schiri Sascha Stegemann habe ein Bayern-Trikot angehabt. Tatsächlich: Sein Team kassierte ein Abseitstor, aber daran lag die 0:4-Klatsche nicht. Ansonsten hatte das Rauhbein Glück, nicht vom Platz gestellt worden zu sein. Der Videobeweis hätte ihn mehrfach des groben Foulspiels überführen können. Er konnte wirklich froh sein, daß das nicht überprüft wurde.Aber wie auch immer: Am Wochenende darauf war der Video-Assistent wieder im Einsatz, und selbst Dauernörgler Didi Hamann freute sich, daß ein Elfmeter für Heidenheim zurückgenommen wurde. Am Ende siegte die Gerechtigkeit. Nicht nur in Kiel. Und deswegen finde ich alle Diskussionen über den VAR falsch. Ich möchte keinen Rückfall in alte Zeiten mehr.