Das Barber-Ljatschenko-Abkommen war die Folge großer weltpolitischer Entscheidungen noch während des Krieges. In Erwartung der sich abzeichnenden militärischen Niederlage des Deutschen Reiches hatten die Staatschefs der kriegsführenden alliierten Mächte USA (Franklin D. Roosevelt), Vereinigtes Königreich (Winston Churchill) und UdSSR (Josef Stalin) auf der Konferenz von Jalta (4. bis 11. Februar 1945) die Unterteilung Deutschlands in drei, später unter Einbeziehung Frankreichs in vier Besatzungszonen mit einem Alliierten Kontrollrat beschlossen. Die weiteren Ziele, auf die sich die Teilnehmer einigten, waren eine umfassende Entmilitarisierung und „Entnazifizierung“ Deutschlands. Die von den „Großen Drei“ auf dieser wichtigsten Kriegskonferenz getroffenen Vereinbarungen mit Auswirkungen auf die künftige Nachkriegsordnung Europas knüpften an die Beschlüsse der Londoner Konferenz vom 12. September 1944 an. Diese sahen die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen zwischen England, den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion in den Grenzen des Deutschen Reiches vom 31. Dezember 1937 vor. Sechs Wochen nach Kriegsende wurde dann im Juni 1945 die Zuordnung Mecklenburgs zur Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) vollzogen.
Fast alle Bewohner verließen das neue sowjetische Einflußgebiet
Die Zugehörigkeit Mecklenburgs zur Sowjetischen Besatzungszone gemäß den auf der Konferenz von Jalta getroffenen Beschlüssen hatte eine für die Briten ungünstige Grenzziehung zur Folge. So mußten sich die englischen und US-amerikanischen Truppen aus dem westlichen Mecklenburg Ende Juni 1945 zurückziehen. Anfang Juli übernahm die sowjetische Besatzungsmacht das ursprünglich gemeinsam von amerikanischen und englischen Truppen besetzte Gebiet. Dadurch entstand eine schwierige Lage für die lauenburgischen Gebiete der britischen Besatzungsmacht mit den Orten Mustin, Dechow und Thurow sowie am Schaalsee zwischen Dutzow im Norden und Zarrentin im Süden. Ein großes Problem für die Briten infolge dieser Grenzziehung ergab sich mit der Sperrung des Zugangs zur früheren Reichsstraße 208 durch die Sowjets. Denn diese Hauptverbindung zu den lauenburgischen Gebieten der britischen Besatzungsmacht führte jetzt auf auf einer Länge von etwa vier Kilometern zwischen Ziethen und Mustin durch die Sowjetische Besatzungszone und war für die Engländer nicht mehr passierbar. Zudem wurde die Erreichbarkeit dieser Gebiete erschwert durch den schlechten Zustand der Landstraßen im Herbst und Winter. Weitere erhebliche Schwierigkeiten für den Zugang zum östlichen Schaalsee-Gebiet mit den Dörfern Lassahn, Techin und Hakendorf sowie mehreren Gütern entstanden den Engländern durch die seitens der russischen Besatzungsmacht erfolgten Sperrungen bei Dutzow im Norden und Zarrentin im Süden.
Die schlechte Erreichbarkeit und damit drohende wirtschaftliche Abschnürung dieser Gebiete war dann auch das entscheidende Motiv der britischen Besatzungsmacht, mit den Sowjets am 13. November 1945 im mecklenburgischen Gadebusch einen Gebietsaustausch (Operation Exchange) zu vereinbaren. Dieses nach den Namen des englischen Bevollmächtigten Generalmajor Barber und des sowjetischen Vertreters Generalmajor Ljasch-tschenko in der englischsprachigen Vertragsversion genannte „Barber-Ljatschenko-Abkommen“ hatte einschneidende Folgen für das mecklenburgisch-lauenburgische Grenzgebiet.
Somit verschob sich mit dem neuen Grenzverlauf zwischen Mecklenburg (Sowjetische Besatzungszone) und dem späteren Schleswig-Holstein (Britische Besatzungszone) die mecklenburgisch-lauenburgische Grenze um mehrere Kilometer. Die neue Grenze zwischen den beiden Besatzungsmächten im Norden hatte dann vier Jahrzehnte Bestand bis zur Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten am 3. Oktober.
Im Zuge der endgültigen Grenzziehung infolge des Barber-Ljatschenko-Abkommens wurde das 25 Quadratkilometer umfassende, bisher mecklenburgische Gebiet östlich des Ratzeburger Sees von Hohenleuchte bis zu den Ratzeburger Umlandgemeinden Bäk, Ziethen und Wietingsbek der britischen Besatzungszone zugewiesen und kam damit zum Kreis Herzogtum Lauenburg bzw. nach Schleswig-Holstein. Im Austausch gelangte das bisher lauenburgische Verwaltungsgebiet der Engländer um Thurow und Dechow und am Schaalsee zwischen Dutzow im Norden und Zarrentin im Süden mit insgesamt 48 Quadratkilomtern nach Mecklenburg und damit zur Sowjetischen Besatzungszone (SBZ).
Der Gebietsaustausch hatte für die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten der bisherigen Britischen Besatzungszone dramatische Folgen. So mußte die Evakuierung von Menschen, Vieh, Maschinen und ganzen Ernten in weniger als zwei Wochen mit nur einer Fährverbindung über den Schaalsee bis zum 26. November 1945 erfolgen. Denn die Bevölkerung in den lauenburgischen Gemeinden am Schaalsee war erst kurzfristig am 14. und 15. November von der bevorstehenden Aktion in Kenntnis gesetzt worden. Dafür mußte eine verbindliche Erklärung abgegeben werden: 2.156 von 2.334 Bewohnern entschieden sich dann für die Evakuierung aus dem künftig zur Sowjetischen Besatzungszone gehörenden bisher britischen Gebiet. Am 28. November war der Gebiets-austausch schließlich vollzogen.
Durch die Besetzung von Briten und US-Amerikanern war die malerisch gelegene Inselstadt Ratzeburg mit dem mecklenburgischen Umland in der unmittelbaren Nachkriegszeit bis Mitte Juni 1945 in zwei unterschiedliche Besatzungszonen geteilt: Während die Engländer den Ratzeburger Stadtteil St. Georgsberg und die Insel besetzt hielten, standen die Vorstadt und das westliche Mecklenburg mit den Umlandgemeinden Hohenleuchte, Römnitz, Bäk, Mechow und Ziethen unter US-amerikanischer Besatzung. Mitte Juni 1945 übernahmen die Engländer schließlich auch die amerikanische Besatzungszone. Mit dem Eintreffen der russischen Soldaten auf der Bäk am 2. Juli 1945 begann die Sowjetische Besatzungszone dann unmittelbar hinter dem Stadtrand von Ratzeburg in Höhe des Ortseingangs von der Bäk.
Im Zuge des zwischen Briten und Russen vereinbarten Gebietsaustauschabkommens wurden die vormals lauenburgischen Gebiete der Britischen Besatzungsmacht vollständig dem sowjetischen Sektor einverleibt. Dagegen befand sich das bisher mecklenburgische Gebiet mit den betreffenden Orten weiterhin im Eigentum des Landes Mecklenburg in der Rechtsnachfolge der ehemaligen Herzöge von Mecklenburg-Strelitz. So ging dieses Gebiet auch nicht in das Eigentum des Landes Schleswig-Holstein bzw. der Bundesrepublik Deutschland über; es wurde treuhänderisch verwaltet, wofür ein sogenannter „Custodian“ eingesetzt war.
Forderung nach Schlußregelung stand nach 1990 lange im Raum
Bis zum 31.Dezember 1992 erfolgte die treuhänderische Verwaltung des mecklenburgischen Territoriums. Der am 31. August 1990 geschlossene Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik tastete den Gebietsaustausch jedoch nicht an. Da wegen der in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) im September 1945 durchgeführten entschädigungslosen Enteignung mit Bodenreform und Verstaatlichung von Betrieben noch strittige Rechtsfragen offen geblieben sind, wäre ein Staatsvertrag zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern für einen dauerhaften Rechtsfrieden die beste Lösung gewesen.
So verwiesen Rechtsexperten und Politiker immer wieder auf den provisorischen Charakter der in der Besatzungszeit geschaffenen vorläufigen Demarkationslinien, die das Ergebnis einer ausschließlich den Interessen der Besatzungsmächte dienenden Maßnahme waren. Daher stand mehr als zwei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung immer noch die Forderung nach einer Schlußregelung für das betreffende Gebiet im Raum, um eine nachträgliche demokratische Legitimierung einer einstmals über den Kopf der Bevölkerung hinweg erfolgten Maßnahme der Besatzungsmächte zu ermöglichen. Erst 2014 vollzog die Landesverfassung von Schleswig-Holstein dann, was schon längst historische Realität geworden war: Nachdem das Land Mecklenburg seine Besitzrechte aus der treuhänderischen Verwaltung verkauft hatte, konnte schließlich auf einen Sonderartikel zur Einbeziehung der ursprünglich mecklenburgischen Dörfer verzichtet werden.