© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/24 / 08. November 2024

Ölkartell OPEC zögert Erhöhung der Fördermenge weiter hinaus
Auf der Achterbahn
Thomas Kirchner

Anfang Dezember sollte eigentlich Schluß sein mit den Förderkürzungen der OPEC. Doch bei einem Ölpreis von 75 Dollar pro Barrel für europäisches Brent-Öl und 70 für die leichte US-Sorte WTI bleibt nicht genug hängen für das Ölkartell. Die Förderstaaten gAeben zuviel Geld aus. Saudi-Arabien riskiert, sich mit dem 1,5-Billionen-Dollar-Bauprojekt Neom zu übernehmen. Ein Preis näher an 100 Dollar pro Barrel würde den Haushalt decken. Folglich wurde die Ausweitung der Fördermenge vorerst auf Januar verschoben.

Doch der OPEC droht die Kontrolle über die Fördermengen zu entgleiten. Schummeln innerhalb der Allianz war früher ein Problem. Heute sind es Nichtmitglieder, die dem Kartell Sorgen bereiten. Argentinien und Brasilien fördern, um ihre Haushalte zu finanzieren. Guyana ist ein Neuzugang, und die USA sind in weniger als zwei Jahrzehnten durch das Fracking zum größten Produzenten vor den Saudis aufgestiegen. In den vergangenen Wochen fuhr der Ölpreis Achterbahn und folgte der Auseinandersetzung zwischen Israel und Iran, die das Angebot beeinträchtigen könnte. Manche sahen schon einen Preis von 100 Dollar in Reichweite, doch Israel verschonte die Ölanlagen – vermutlich, weil die Luftwaffe der Größe der Anlagen wegen bestenfalls kosmetische Schäden anrichten kann. Der Ölpreis fiel unter das Niveau von vor dem iranischen Angriff am 1. Oktober. Abgesehen von Risiken durch einen bevorstehenden Sturm im Golf von Mexiko herrscht beim Angebot derzeit keine Sorge.

Ohne Schock beim Angebot bleibt die Nachfrageseite preisentscheidend. China ist der schwachen Wirtschaft wegen ein Dämpfer. Die Konjunkturprogramme haben noch nicht angeschlagen. Die Staus in den 15 größten Metropolen, ein Nachfrageindikator, liegen deutlich unter dem Vorjahr. Europas Wirtschaft schwächelt. Der weltweite Flugverkehr schwächelt ebenfalls, wobei internationale Flüge stärker betroffen sind als Inlandsflüge. Kurzfristig herrscht in den Wintermonaten saisonal ohnehin eine niedrige Nachfrage, da Klimaanlagen auf der Nordhalbkugel nicht laufen. Die Nachfrage nach Heizöl deckt diesen Ausfall nicht. Mehr OPEC-Förderung in diesem Umfeld würde den Preis weiter drücken. Unterstützung wird der Ölpreis spätestens bei 56 Dollar erleben – das sind die durchschnittlichen US-Förderkosten.