Die Ankunft in New York per Schiff bei Dunkelheit – vorbei an angestrahlter Freiheitsstatue und Hochhauskulisse Manhattan – ist noch immer spektakulär, obwohl auch hier im Vergleich zu früheren Jahren Strom gespart wird. Bisher wurde Pier 66 nahe der Central-Station angelaufen. Heute entschied sich die Hafenleitung für das Brooklyn Cruise Terminal Red Hook gegenüber Governors Island.
Die Liegezeit beschränkt sich deshalb auf wenige Stunden. Da wir Big Apple’s Sehenswürdigkeiten kennen, wollen wir uns auf einen Rundgang durch den uns unbekannten Stadtteil Brooklyn beschränken.
Doch was ist hier los? Restaurierungsbedürftige Häuser, marode Gehwege, verlassene Läden mit verschmutzten Scheiben und auffallend viele Hundebesitzer, die zum Teil mühsam versuchen, ihre aggressiven Vierbeiner in Schach zu halten. Ein einziger Supermarkt hat geöffnet. Der führt ausschließlich Artikel für Hunde, Katzen und sonstiges Getier. Aha.
Ich frage nach der „Halle der inneren Harmonie“ und man nennt mir Ziffern, die ich an der Tür eingeben muß.
Wir ändern unsere Pläne und entscheiden uns für eine Fahrt ins Zentrum, und zwar mit einer Bummelfähre den East River entlang. Das Fährsystem ähnelt einem S-Bahn-Betrieb mit Umsteigemöglichkeiten an vielen Stationen, Abfahrten im 15-Minuten-Takt. Wir steigen Pier 11/ Wallstreet um, schaukeln gemütlich den East River entlang, unter den Brooklyn-, Manhattan- und Williamsburg-Brücken hindurch, passieren Williamsburg und bewundern die perfekten An- und Ablegemanöver. 34. Straße, in Sichtweite des UN-Gebäudes, verlassen wir das Schiff und steuern den Hauptbahnhof Midtown 42. Straße an. Vergeblich fragen wir nach deutscher Presse. „Führen wir nicht“, ist die kurze Reaktion.
Die Lust am Promenieren durch die Häuserschluchten Manhattans nehmen uns Autoverkehr, Bauarbeiten, Absperrungen und Nebelschwaden durch Abluftrohre der Hochhäuser. Aber wenigstens wollen wir bei Starbucks einen Kaffee trinken. Zunächst frage ich nach der „Halle der inneren Harmonie“, wie die Chinesen ihre Toiletten nennen. Eine Angestellte zeigt die Richtung und nennt mir fünf Ziffern, die ich an der Türklinke eingeben muß. Da sich meine Konzentration aber auf den Standort richtet, habe ich den Code bei Ankunft vergessen. Ebenso wie ein Leidensgenosse, der schon vor der einzigen Toilette steht und sich nach Hilfe umschaut. Er ist dankbar, als ich eine Angestellte finde, die sich unserer erbarmt.
Zurück zur Fährstation. Diesmal stehen wir in einer Warteschlange. Unser Hintermann spricht uns an: „Sind Sie aus Deutschland?“ Er ist Hamburger, hat seinen texanischen Freund geheiratet und dessen Staatsbürgerschaft angenommen. Beide sind als Flugbegleiter tätig und freuen sich jetzt, diesmal die Hansestadt mit einem Schiff zu besuchen.