Eine Regierung zu bilden kann schwer sein; eine aufzulösen auch. Klingt paradox, ist aber so. Das Grundgesetz legt hohe Hürden, eine direkte Folge der schlechten Erfahrungen mit häufigen Regierungswechseln in der Weimarer Republik. Stabilität lautet das Zauberwort. Artikel 67 regelt das „konstruktive Mißtrauensvotum“, mit dem der Bundestag dem Kanzler nur durch die Wahl eines Nachfolgers das Mißtrauen aussprechen, ihn also abwählen kann. Artikel 68 sieht die Vertrauensfrage des Kanzlers vor. Stellt sie der Regierungschef und verliert, kann der Bundespräsident den Bundestag auflösen und Neuwahlen ansetzen. In allen Wahlperioden seit 1949 gab es nur zwei konstruktive Mißtrauensvoten – 1972 ist es gegen Willy Brandt (SPD) gescheitert, 1982 war es gegen Helmut Schmidt (SPD) erfolgreich. Fünfmal stellten Bundeskanzler die Vertrauensfrage. Zuletzt geschah dies auf Antrag von Gerhard Schröder (SPD) im Juli 2005. Zudem gab es vier Mißbilligungsanträge gegen den Kanzler und eine niedrige zweistellige Zahl von Mißbilligungs- bzw. Tadelsanträgen gegen Bundesminister. 15mal wurde – erfolglos – ein Antrag auf Entlassung eines Ministers gestellt. Bisher wurden bis auf einen sämtliche Mißbilligungen abgelehnt: Nur der SPD-Antrag über das „Vertrauensfrage-Ersuchen“ an den damaligen Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU) wurde am 8. November 1966 mehrheitlich angenommen. Im Unterschied zum konstruktiven Mißtrauensvotum wird der Mißbilligungs- oder Entlassungsantrag weder im Grundgesetz noch in der Geschäftsordnung des Bundestages erwähnt. Es ist daher rechtlich umstritten, ob sie überhaupt zulässig sind. Fest steht: Selbst bei Annahme im Bundestag hätte ein Antrag auf Entlassung keine rechtlich zwingende Wirkung. (vo)