Der Bergbau ist im kleinen Saarland zwar schon längst Geschichte, doch er hat Narben hinterlassen, die bis heute schmerzen. Dazu zählen nicht nur die Folgen des bisher nicht abgeschlossenen Strukturwandels. Auch die Frage, wie mit den brachliegenden Stollen umzugehen ist, erhitzt seit Jahren die Gemüter und sorgt für eine Prozeßlawine.
Seit mehr als einem Jahrzehnt sorgen die Pläne der RAG (früher Ruhrkohle AG) für Ärger, einsickerndes Regenwasser nicht mehr aus den ehemaligen Kohlegruben zu pumpen und den Wasserspiegel in den Schächten in einem ersten Schritt auf 320 Meter unter Normalnull ansteigen zu lassen. Es formierte sich Widerstand von einigen Kommunen, Umweltschutzorganisationen und den Grünen. Sie befürchten, daß bereits durch die erste Phase der Grubenflutung Giftstoffe ins Grundwasser gelangen und es zu Erschütterungen kommen könnte. Und es stellt sich die Frage, ob vermehrt Methan (Grubengas) austreten könne. Für die RAG ist das stetige Abpumpen des Grubenwassers ein – vor allem finanzielles – Ärgernis. Sie hat mittlerweile eine eigene Stiftung ins Leben gerufen und kürzlich Gutachten präsentiert, die ihr in die Karten spielen.
Derzeit versucht die RAG bei „Bürgerversammlungen“ Vorbehalte auszuräumen. Dabei wird nicht mit blumigen Bildern gespart. Christian Wolkersdorfer, Geologe und Mitglied des Kuratoriums des Forums, verglich die Wasserschichten mit einem Latte macchiato. In den unteren Schichten seien viele Schadstoffe, in den oberen aber nicht mehr. Durch das Abpumpen würden die Schichten aber verrührt. Das habe dann den Effekt eines Latte macchiato. Wolkersforder forderte sogar: „Fluten Sie so schnell wie möglich.“ Je weniger gepumpt werde, desto besser die Wasserqualität.
Doch davon sind längst nicht alle überzeugt. Eine Kommunalpolitikerin konterte laut Saarbrücker Zeitung mit dem Satz: „Wes’ Brot ich eß, des’ Lied ich sing“ und spielte damit auf den Stifter und Geldgeber des Forums an. Die RAG habe auch ein finanzielles Interesse an der Flutung der saarländischen Gruben. Denn das Auspumpen der Bergwerke kostet sie nach eigenen Angaben jährlich zwischen 20 und 30 Millionen Euro. Kritiker verweisen nach wie vor auf mögliche gesundheitliche Risiken. Daß die hochgiftige, krebserregende Chlorverbindung PCB im Grubenwasser enthalten ist, ist unstrittig. Aber die genaue Konzentration ist unbekannt. Die RAG mußte einräumen, daß die Versuche, das PCB aus dem Grubenwasser zu eliminieren, bislang nicht erfolgreich waren. Daß die Giftstoffe nach der Grubenflutung in einer unteren Wasserschicht verbleiben, ist keineswegs sicher.
Letztlich hängt alles an den Gerichten. Vor mehr als einem Jahr wurden im Saarland drei Klagen gegen den Grubenwasseranstieg verhandelt – und abgewiesen. Peter Lehnert, Bürgermeister der Gemeinde Nalbach, meint: „Das ist ein Generationenthema, dem wir uns verpflichtet fühlen, uns für die Zukunft sauber aufzustellen. Und da ist die Zeit nicht ausreichend.“ Den Versicherungen der RAG traut er nicht: „Man muß nur nach England schauen. Auch bei uns drohen in zehn, zwanzig Jahren Erdbeben.“