Habeck will soziale Medien einschränken
BERLIN. Rechtsvertreter und Kritiker werfen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor, die Meinungsfreiheit in den sozialen Netzwerken einschränken zu wollen. So warf der Verfassungsrechtler Josef Franz Lindner dem Klimaminister vor: „Habeck tritt öffentlich für ein staatliches Zensursystem ein.“ Der bekannte Medienanwalt Joachim Steinhöfel wandte ein: „Jetzt will er (Habeck) den Staat zu Angriffen auf die Meinungsfreiheit instrumentalisieren.“ Anlaß sind Aussagen des Wirtschaftsministers bei einem Vortrag bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik: „Ich will kein Hehl daraus machen, daß ich glaube, daß diese unregulierte Form von diesen sozialen Medien inzwischen nicht mehr akzeptabel ist.“ Man könne nicht zulassen, daß soziale Netzwerke wie Chinas TikTok oder das US-amerikanische X, das von einem „Milliardär, der Donald Trump unterstützt“, den „Diskurs in Europa definieren“. Die Polarisierung der Gesellschaft ist für ihn „nicht einfach nur so ein Schlagwort über den Zustand der Gesellschaft, sondern es ist meiner Ansicht nach ein politischer Auftrag, genau hinzugucken, wie die Polarisierung entsteht“. Und wenn sie, so Habeck, „bewußt eingesetzt wird, um eine Gesellschaft zu destabilisieren“, dann „haben wir jeden Grund, uns politisch dagegen zu wehren und diese wehrhafte Demokratie auch bei den sozialen Medien fortzusetzen“. Steinhöfel erklärte: „Kritik an ihm, der Kanzler werden will, ist spaltende Polarisierung.“ Der Wirtschaftsminister äußere damit auch „nicht zum ersten Mal törichte und grundrechtswidrige Positionen“. Rechtsphilosoph Lindner erklärte, das von Habeck Gesagte habe „neue Qualität“ und zeige, daß sich die Grünen „zu einer autoritären Verbotspartei entwickeln“. Auf Nachfrage auf X, ob derartige Aussagen denn vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt seien, antwortete Lindner: „Das ist das Paradoxe, ja.“ (mp)
„Washington Post“ gibt keine Wahlempfehlung ab
WASHINGTON. Die Washington Post hat angekündigt, erstmals seit 1988 keine Wahlempfehlung für die bevorstehende US-Präsidentschaftswahl abzugeben. Künftig werde man dies grundsätzlich unterlassen, sagte Herausgeber William Lewis. Er betonte, die Zeitung müsse unabhängig auftreten und es den Lesern überlassen, sich ihre eigene Meinung zu bilden. Die Entscheidung habe laut eigener Journalisten Amazon-Gründer und Post-Eigentümer Jeff Bezos getroffen, obwohl bereits eine Wahlempfehlung für Kamala Harris vorgelegen habe. Laut dem Sender NPR haben seit der Maßnahme 200.000 Post-Leser ihr Abo gekündigt. Deutsche Blätter, die allen Umfragen zum Trotz Kamala Harris hochschreiben, kritisierten Bezos’ Schritt. Die Süddeutsche Zeitung sprach von „Selbstzensur“ und „kommendem Opportunismus“. (gb)
Aufgelesen
„Es ist für uns Verlage eine echte Herausforderung, daß wir es mit einem öffentlich-rechtlichen Medienkomplex mit 9 Milliarden Euro im Rücken zu tun haben.“
„Medienverband der Freien Presse“-Chef Philipp Welte auf den Medientagen München