© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/24 / 01. November 2024

Bares ist nichts Rares
Bezahlkarte für Asylanten: Auch linksradikale Fußballfans hintertreiben das System, mit dem Sozialleistungsmißbrauch verhindert werden soll. Die CSU fordert, die Gesetzeslücken zu schließen / Teil 2 der junge freiheit-Recherche
Hinrich Rohbohm

Asylbewerber können das im Sommer in Bayern eingeführte Bezahlkarten-System umgehen, indem sie Gutscheine aus Supermärkten erwerben und sich dafür in von linksradikalen Unterstützergruppen eigens eingerichteten Wechselstuben Bargeld auszahlen lassen (JF 44/24). Über das neue Bezahlkarten-System sollten die Eingewanderten eigentlich nur noch 50 statt 460 Euro monatlich bar ausgezahlt bekommen, damit Sozialmißbrauch und ein Transfer des Geldes in ihre Herkunftsländer unterbunden wird.

Wer aber genau steckt hinter der Sabotage des Kartensystems? Koordiniert wird das Ganze von der Initiative „Offen bleiben München“, für deren Internetseite wiederum ein sogenanntes „Büro für außergewöhnliche Angelegenheiten“ verantwortlich ist. Hinter diesem eher seltsamen Begriffskonstrukt verbirgt sich Matthias Weinzierl, Mitbegründer des Kulturzentrums „Bellevue di Monaco“ und ehemaliger Geschäftsführer des Bayerischen Flüchtlingsrates. Der Bayerische Flüchtlingsrat wird finanziell vom Verein Pro Asyl und der Uno-Flüchtlingshilfe unterstützt. Vorsitzende von Pro Asyl ist die ehemalige Generalsekretärin der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Beate Wagner.

Aktuell existieren in Bayern zwölf Anlaufstellen, die als eine Art Wechselstube von Migranten in Supermärkten erworbene Gutscheine in Bargeld umtauschen, das Spender durch Abkauf des Gutscheins zur Verfügung stellen. Neben dem Münchner Kreisbüro der Linkspartei und der Grünen-Geschäftsstelle in Regensburg betreiben auch die linksradikalen Treffpunkte Kafe Marat und das vom Miethäuser-Syndikat betriebene Wohnhaus „Ligsalz 8“ eine solche Wechselstube.

Hinzu kommt das „Z“, ein linksautonomes Kulturzentrum in Rosenheim, das auch als Antifa-Treffpunkt fungiert und darüber hinaus Gruppen wie die Marxistische Linke, Greeenpeace, die Linkspartei, Attac oder bizarre Initiativen wie „Klitoris.on.Tour“ bei sich beherbergt.

Nahezu die komplette Woche über bietet der Glitch Bookstore, ein „queer-feministischer“ Buchladen, unweit der Ludwig-Maximilians-Universität in der Münchner Innenstadt den Bezahlkarten-Deal an. Zudem das vom Verein „München anders – Raum, Kultur, Soziales“ betriebene linke Kulturzentrum „Olga Benario“, benannt nach der von den Nationalsozialisten ermordeten Kommunistin Olga Benario-Prestes. In dem Zentrum hält die Antifa regelmäßig und gleichzeitig mit einem „Antikapitalistischen Klimatreffen“ ihren Stammtisch ab.

Des weiteren dient den Migranten das in unmittelbarer Nähe zum Wohnhaus „Ligsalz 8“ und dem Kreisbüro der Linkspartei befindliche  „Eine-Welt-Haus“ als Anlaufstelle, in der sich unter anderem der Verein Rechtshilfe befindet, der Beratungen in Aufenthalts- und Asylfragen durchführt.

Fast ungewöhnlich wirkt dagegen die Tatsache, daß sich auch vor der Allianz-Arena, der Spielstätte des FC Bayern München, eine Gutschein-Stelle befindet. Doch es ist nicht der berühmte Fußballclub, der hier am Südkurvenplatz Bezahlkarten-Deals mit den Migranten abhält. Vielmehr steckt hinter der Aktion der Bayern-Fanclub Südkurve, der in Stadien immer wieder durch das illegale Abbrennen von Feuerwerkskörpern von sich reden macht.

„Bringt Bargeld mit zum Heimspiel“

Zu den Heimspielen seines Clubs bietet er den Gutschein-Tausch an, wirbt damit auch innerhalb der Fanszene. „Gutscheintausch goes Südkurve – Bringt Bargeld mit zum Heimspiel und macht einen echten Unterschied“, trommelt der Fanclub offenbar bewußt nebulös unter Fußballbegeisterten für die linke Aktion, ohne näher darauf einzugehen, was mit dem „echten Unterschied“ denn nun genau gemeint sei. Hinter dem Fanclub Südkurve verbirgt sich übrigens der Verein „Wir Ultras e.V.“.

Und tatsächlich wird auf einschlägigen Seiten der Ultra-Szene für das Bezahlkarten-System und sein Boykott durch Gutscheine geworben. Etwa auf „Faszination Fankurve“, einem Online-Magazin der Ultra-Bewegung. Dort wird die Boykott-Idee zwar näher erläutert, deren Betreiber jedoch als „Bündnis“ verschleiert, das sich „aus Sozialverbänden, Einrichtungen, Beratungsstellen, Gewerkschaften und politischen Gruppen“ zusammensetze.

Als zentraler Impulsgeber der Bargeldgrenze-Umgehung fungiert jedoch Weinzierls Kulturzentrum „Bellevue di Monaco“, das sich in unmittelbarer Nähe zum Viktualienmarkt im Herzen Münchens befindet. Auch dieses Zentrum bietet parallel zum Bezahlkarten-Boykott Asyl- und Migrationsberatung an. Die Motive der zahlreichen linksradikalen Aufkleber rund um das Gebäude lassen ebenfalls keine Zweifel über die politische Ausrichtung zu: mit Sturmhauben vermummte Männer, darunter der Spruch „Smash Fascism“. Daneben kleben Reste eines Plakats der sektenartigen Klima-Bewegung „Letzte Generation“.

Die Idee zum Bezahlkarten-Boykott stammt jedoch nicht von Matthias Weinzierl. Der hatte sich die Aktion vielmehr aus Hamburg abgeschaut, wo linke Gruppen diese Art des Sabotierens bereits zuvor praktiziert hatten. Entwickelt wurde das Tauschkonzept im Café Exil, einer sogenannten antirassistischen Beratungsstelle für Migranten im Hamburger Bezirk Wandsbek. Das Café unterstützt Asylbewerber bei Behördengängen. Praktischerweise  befindet es sich in direkter Nachbarschaft zur Hamburger Ausländerbehörde.

Sollte es dort zu Problemen mit Mitarbeitern kommen, vermittelt das Café an seine migrantischen Besucher auch Rechtsanwälte und Dolmetscher. Einmal pro Woche erscheint einer der Advokaten im Café zur Beratung der Migranten. Möglicherweise ist auch deshalb gerade hier die Idee entstanden. Denn die Tauschaktionen nutzen eine Gesetzeslücke. Bisher ist es nämlich vollkommen legal, wenn Migranten sich auf diese Art und Weise zusätzliches Bargeld beschaffen. Und so richtete das Café bereits Anfang des Jahres Deutschlands erste Wechselstube dieser Art ein.

Mittlerweile haben sich in der Elbmetropole drei weitere Anlaufstellen zum Austricksen der Bezahlkarte organisiert. Etwa der „Infoladen“ im Stadtteil Wilhelmsburg. Der hatte gerade erst zur „Fetten Zentrenfete“ geladen. Und zwar in die berüchtigte, von Linksextremisten besetzte „Rote Flora“ im Schanzenviertel. Der Infoladen verlinkt auf seinen Internetseiten nicht nur zum Café Exil, zur Antifa und zur Roten Flora, sondern auch zu Indymedia, das laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz als das „wichtigste Informations-und Propagandamedium der linksextremen Szene im deutschsprachigen Raum gilt.

Eine weitere Hamburger Anlaufstelle ist ein Laden mit der treffenden Bezeichnung „Schwarzmarkt“ , der sich im Schanzenviertel befindet. Der wiederum mit dem Infoladen Wilhelmsburg sowie mit der Roten Hilfe vernetzt ist. Und auch im Gebäudekomplex Chemnitzer Straße 3 bis 7 im Stadtteil Altona existiert eine Wechselstube. Hinter der Adresse des seit den achtziger Jahren mehrfach besetzten Domizils verbirgt sich der „Dachverband autonomer Wohnprojekte“, was aus der Antifa-Sprache übersetzt etwa soviel bedeutet wie Lobbygruppe für Hausbesetzer. Koordiniert werden die Hamburger Anlaufstellen durch die Aktion „Nein zur Bezahlkarte“, hinter der sich der ebenfalls von Pro Asyl geförderte Flüchtlingsrat Hamburg e.V. verbirgt. 

Doch nicht jede Bezahlkarte beinhaltet automatisch ein Bargeldlimit. Die JUNGE FREIHEIT hörte sich auch in Hannover um. Die niedersächsische Landeshauptstadt zählte mit zu den ersten Kommunen, die zu Jahresbeginn eine sogenannte Social Card eingeführt hatte, wie die Bezahlkarte dort heißt. Anlaufstellen für einen Gutscheintausch existieren hier nicht. Den Grund nennen Nio und Jelani, zwei Asylbewerber aus Somalia, mit denen  die JF am Kröpcke, einem belebten Platz in der Fußgängerzone im Stadtzentrum, ins Gespräch kommt.

„Entscheidungen werden unterlaufen“

„Wir können mit der Karte alles machen, es gibt keine Probleme“, sagen sie. Tatsächlich hat Hannover unter seinem Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) das Bezahlkarten-System ohne Bargeldbegrenzung einführen lassen. Die beiden Somalier freut es. Sie leben bereits seit drei Jahren in Deutschland, loben die Pünktlichkeit, mit der sie ihre Sozialleistungen hier erhalten würden. „In Italien und in Frankreich war das alles viel schwieriger“, erinnert sich Nio an frühere Aufenthalte. Erfahrungen, durch die er Deutschland offenbar schätzen lernte. 

In Bayern hingegen könnte der Bargeld-Segen per Gutschein-Tausch bald ein Ende haben. Dort hat die CSU angekündigt, gegen diese Lücke im Rechtssystem vorgehen zu wollen. So fordert der Arbeitskreis Juristen der CSU (AKJ) in einer Presseerklärung bereits „Maßnahmen gegen systematische Umgehungen der Bezahlkarte“ sowie „angemessene Sanktionierungen“ gegen die Tausch-Initiatoren. „Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn einzelne Gruppen versuchen, die von Bayern schon flächendeckend eingeführte Bezahlkarte für Asylbewerber durch Umtauschplattformen und andere Instrumente systematisch zu unterlaufen“, appelliert der ehemalige bayerische Justizminister und heutige AKJ-Landesvorsitzende Winfried Bausback und betont: „Daß demokratisch legitimierte und von der Mehrheit getragene Entscheidungen unterlaufen werden, ist nicht akzeptabel.“

Fotos: Mit einer solchen Bezahlkarte sollen vor allem Bargeld-Transfers in die Herkunftsländer unterbunden werden: „Nicht tatenlos zusehen“ / Migranten vor der Kreisgeschäftsstelle der Linkspartei in München: „Keine Probleme“