© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/24 / 01. November 2024

Revoluzzer der Woche
Rot trotz Peinlichkeiten
Florian Werner

Nicht alle Revolutionäre bringen die Obrigkeit zu Fall. Manche stürzen nur sich selbst. Für den ehemaligen Oberbürgermeister von Frankfurt am Main, Peter Feldmann, lief die Revolution sehr gut – er jagte sich Ende 2022 selbst aus dem Amt. Mit einem peinlichen Auftritt bei der Europapokalfeier der Eintracht, einer schlüpfrigen Bemerkung über Stewardessen und einer Korruptionsaffäre bei der AWO hatte der Politiker seiner Karriere ein spektakuläres Ende gesetzt. Heute fristet der ehemalige Sozialdemokrat eine Randexistenz als Sprecher der Frankfurter Rosa-Luxemburg-Stiftung. Für die der Linkspartei nahestehende Einrichtung bietet Feldmann „historisch-materialistische Altstadtführungen“ an, obwohl die Linke selbst jahrelang gegen die Restauration des Stadtbilds agitierte. Noch 2018 mahnte sie zur Eröffnungsfeier des Straßenzugs: „Die neue Altstadt war, ist und bleibt ein Skandal!“ Doch das ist nicht der einzige Widerspruch, der sich an den Ex-OB knüpft. So dachte der 66jährige jüngst laut über die Enteignung leerstehender Wohnflächen nach, um sie der Spekulation zu entziehen – im Gespräch mit einer trotzkistischen Website. Nicht nur Trotzkisten werden sich fragen, wieso Feldmann in seiner Amtszeit dann nicht einen einzigen Quadratmeter enteignet hat. Anders als ihre Stiftung konnte sich die Linke nicht für die Kapriolen des selbsternannten Sozialisten begeistern. Ende 2023 widersprach sie öffentlich seiner Behauptung, jetzt Parteimitglied zu sein. Es bestünden weiterhin „erhebliche Vorbehalte“ gegen dessen Eintrittswunsch. Ihn ficht das nicht an. Für die Rosa-Luxemburg-Stiftung unternimmt er weiter „revolutionäre Weintouren“ durch Frankfurt und Umgebung. Ist Feldmann mit all seinen Affären am Ende ein zu Unrecht unterschätzer Revoluzzer? Wir wollen es ihm zuliebe annehmen.