© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/24 / 25. Oktober 2024

Kabinenklatsch
Ein gefallener Held
Ronald Berthold

Jetzt ist der Held bei den eigenen Anhängern in Ungnade gefallen. Die Fans von Mainz 05 gaben ihrer Trainerlegende am vergangenen Sonnabend richtig eine mit. Auf Spruchbändern protestierten sie gegen Jürgen Klopps Engagement beim Fußball-Konzern von Red Bull. In Österreich, Brasilien, den USA und auch in Deutschland hievt das Unternehmen mit seinem Geld traditionslose Klubs in die jeweilige Landesspitze. Im Prinzip ist das Ganze eine riesige Werbemaßnahme, um mehr Dosen des Energydrinks zu verkaufen. Was diesen seelenlosen Getränkefilialen mit Fußballtrikots bisher fehlte, war eine Seele. Und die haben sie jetzt. Denn Klopp steht wie kein zweiter für Leidenschaft, Identifikation und absoluten Willen. Er ist weltweit ein Sympathieträger – nicht nur wegen seiner Erfolge als Trainer. Entsprechend groß war der Jubel in der Leipziger Dependance. Viele hoffen, daß der 57jährige schon bald auf der Trainerbank sitzt.

Wie paßt es zusammen, daß einer wie er, den sich die Fußballnation als Bundestrainer wünscht, bei einem Marketingvehikel anheuert? Ich weiß es nicht. Am Geld kann es nicht liegen – Klopp ist Multimillionär. Es ist auch für die Fans in Dortmund ein Rätsel, wo er ebenfalls Legendenstatus genießt und wo die Klubspitze auf eine Rückkehr hoffte. Genau wie dort haben auch die Bayern Sorge, daß RB Leipzig nun sogar an ihnen vorbeiziehen könnte. „Die kaufen sich eine Galionsfigur. Das ist eine Bedrohung“, hieß es vom Rekordmeister. Man kann es auch anders sagen: Der bei den meisten eingefleischten Ultras unbeliebteste Verein fusioniert mit dem beliebtesten Trainer. Mal sehen, was dabei herauskommt. Nutzt es RB oder schadet es Klopp?