Robert Habecks hochfliegende Pläne für Halbleiterfabriken haben im September einen Dämpfer bekommen: Intel wird den Bau seiner Fabrik in Magdeburg um zwei Jahre aufschieben. Zehn Milliarden Euro wollte der Minister für das Werk zuschießen. Doch für Intel sind die versprochenen Subventionen aktuell nur Kleckerkram. Der Konzern hat ganz andere Probleme, denn 2021 entschied der neue Chef Pat Gelsinger einen Strategiewechsel und die Spezialisierung auf die Bereiche Chipentwicklung und -herstellung. Doch statt wie zuvor nur die eigenen soll Intel künftig auch Chips anderer Anbieter in Auftragsproduktion herstellen.
Das klingt einfacher, als es ist. Bis zu 100 Milliarden Dollar soll der Umbau kosten. Es könnte auch deutlich mehr werden, denn oft werden Großprojekte teurer als geplant. Und sogar bei einem Riesen wie Intel kann die Kasse knapp werden. 29 Milliarden an flüssigen Mitteln stehen 50 Milliarden an Verbindlichkeiten gegenüber. Das war bis vor drei Jahren eine solide Bilanz, denn der Konzern schrieb zehn Milliarden Dollar Gewinn im Jahr. Doch nach Corona gab es einen Einbruch bei PCs und den dafür benötigten Chips. 2023 verbuchte Intel nur noch zwei Milliarden an Gewinn, im zweiten Quartal dieses Jahres sogar einen Verlust von 1,6 Milliarden. Jetzt werden die Schulden zum Problem.
Zusätzlich auch noch 100 Milliarden für Neuinvestitionen sind da nicht leicht zu stemmen, auch mit Subventionen. Gelsingers Neuorientierung war eine Reaktion auf eine jahrelange Stagnation. Seit mehr als zwei Jahrzehnten hält Intel ein Monopol bei Chips für PCs. Strenggenommen ist es ein Duopol, denn Intel erlaubt dem Konkurrenten AMD gerade soviel Marktanteil, daß die Kartellbehörden auf Distanz bleiben. Doch Intel schaffte es nie, die marktbeherrschende Stellung in bare Münze zu verwandeln. Seit 1999 hat sich der Wert eines durchschnittlichen Chipherstellers, gemessen durch den PHLX-Halbleiterindex, verneunfacht. Intel hat mehr als die Hälfte an Wert verloren. Die neue Strategie sollte den Abwärtstrend drehen, doch bisher beschleunigt sie ihn: Anfang des Jahres stand die Intel-Aktie noch bei 50 Dollar, jetzt sind es unter 25.
Der neue Geschäftsbereich, „Intel Foundry“ schrieb 2022 fünf Milliarden Dollar Verlust, sieben Milliarden 2023. Die schwarze Null soll erst 2027 oder 2030 erreicht werden, wenn Intel den weltweit zweitgrößten Chiphersteller Samsung überrunden will. Die Verzögerung des Baus in Magdeburg signalisiert eher den späteren Termin. Neben Verlangsamung des Produktionsausbaus kommt als Geldquelle auch noch der Verkauf der Chipsparte Altera in Frage, die Intel 2015 für 16 Milliarden erwarb. Ein Minderheitsanteil müßte eine Bewertung von 17 Milliarden erreichen.
Vor vier Wochen nahm das Intel-Drama dann eine überraschende Wende: Der Konkurrent Qualcomm bekundete sein Interesse an einer Übernahme. Kurz danach sprang die Beteiligungsgesellschaft Apollo Intel zur Seite mit dem Angebot, fünf Milliarden Dollar in die Chipfabrik in Irland zu investieren. Das könnte Intel zur Abwehr des Qualcomm-Angebots nutzen. Doch vorerst ist das nicht notwendig. Qualcomm kündigte an, das Ergebnis der Wahlen vom 5. November abwarten zu wollen. Denn sollte die aktuelle Kartellamtschefin Lina Khan im Amt bleiben, würde sie wahrscheinlich die Fusion blockieren. Anders gesagt: Gewinnt Donald Trump, kommt die Fusion zustande, und Intel hat genug Geld für das Werk in Magdeburg.