Die Tür ist noch gar nicht geöffnet. Doch schon haben sich gut 30 Migranten vor dem Büro der Münchner Linkspartei in der Schwanthalterstraße 139 versammelt. Es sind überwiegend Afrikaner aus Ländern südlich der Sahara. Zumeist junge Männer, aber auch einige Frauen sind darunter. Sie sind gekommen, um Bargeld zu erhalten. Bargeld, das Asylbewerber in Bayern mittlerweile nicht mehr ohne weiteres vom Staat ausbezahlt bekommen.
Denn nach einer im März dieses Jahres begonnenen Testphase finden sich die monatlichen Geldleistungen in Höhe von 460 Euro in ganz Bayern auf einer Bezahlkarte wieder, von der die Leistungsempfänger im Monat jedoch nur maximal 50 Euro an Bargeld abheben können. Sehr zum Mißfallen zahlreicher Migranten, die das Geld bisher dazu nutzten, regelmäßig Beträge davon in ihre Heimatländer zu versenden. Mit der Bezahlkarte will die Bayerische Staatsregierung dem Mißbrauch einen Riegel vorschieben, will erreichen, daß Asylanten erhaltene Sozialleistungen für das ausgeben, wofür es eigentlich gedacht ist: zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten in Deutschland.
Kaum eingeführt, versuchen jedoch linke Kräfte bereits, das neue Bezahlkarten-System zu unterlaufen. Etwa in Form der Initiative „Offen bleiben München“, die auf ihren Internetseiten in verschiedenen Sprachen für die Auszahlung von Bargeld an Migranten wirbt.
Milliarden Euro senden Migranten jährlich ins Ausland
Hinter der Initiative verbirgt sich ein Netzwerk aus zahlreichen linken Organisationen und Antifa-Gruppen, zu denen auch gewaltbereite Kräfte aus dem linksextremen Spektrum, wie etwa die Antifa NT oder die Klimagruppe „Ende Gelände“ gehören. Aber auch etablierte Institutionen wie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Caritas oder die Arbeiterwohlfahrt (AWO) befinden sich darunter.
„Du bist gegen rechtspopulistische Symbolpolitik und willst ihr mit deiner praktischen Solidarität etwas entgegensetzen? Das geht ganz einfach: Du kommst in unsere Wechselstube und tauschst dein Bargeld gegen einen Gutschein. Den Gutschein hat eine Person mit ihrer Bezahlkarte gekauft und dafür von uns Bargeld bekommen“, erklärt die Initiative auf ihrer Homepage das Prinzip, mit dem sie das Bezahlkarten-Konzept der Bayerischen Staatsregierung auszuhebeln versucht.
Mittlerweile hat sie zahlreiche solcher Wechselstuben für Migranten in München und weiteren Städten Bayerns eingerichtet. Die Orte für diese Anlaufstellen sind dabei vielsagend. So befindet sich etwa das von der Antifa NT genutzte „Kafe Marat“ ebenso darunter wie das aus dem Umfeld der Hausbesetzer-Szene stammende und vom linksradikalen Mietshäuser Syndikat betriebene Wohnhaus „Ligasalz 8“. Auch der Antifa-Treffpunkt Z in Rosenheim zählt zu den Anlaufstellen für den Bezahlkarten-Deal. Und das Kreisbüro der Münchner Linkspartei in der Schwanthalterstraße, das inzwischen geöffnet hat. Ein Migrant nach dem anderen wird von den Linken-Mitarbeitern in das Büro gebeten, um sich für den per Bezahlkarte erworbenen Gutschein aus dem Supermarkt Geld auszahlen zu lassen.
Aufgrund der hohen Nachfrage erhält jeder Migrant pro Besuch lediglich einen Gutschein im Wert von 50 Euro ausgezahlt. Als eine kleine Gruppe von drei jungen Männern aus dem wartenden Pulk später zufrieden die Linken-Geschäftsstelle wieder verläßt, spricht die JF die Männer an. „Ja, wir haben hier Bargeld bekommen“, bestätigt einer von ihnen. „Wir brauchen das Geld, denn man kann gar nicht überall mit der Karte bezahlen“, klagen die Männer, von denen zwei aus Kamerun und einer von der Elfenbeinküste stammen. So könnten sie überall dort, wo die Zahlung per Kreditkarte nicht möglich sei, keine Einkäufe tätigen.
„Wir wollen wie Deutsche einkaufen können“
Unter den Migranten habe sich die Möglichkeit, per Gutschein und Linken-Wechselstube rasch an Bargeld zu gelangen, schnell herumgesprochen. Und so hatten auch die drei Afrikaner sich mit ihren Bezahlkarten in Supermärkten Gutscheine besorgt, die sie nun bei der Linkspartei gegen Bargeld eingetauscht haben.
Daß es dabei nur 50 Euro pro Besuch gebe, sei für sie kein sonderlich großes Problem. „Nächste Woche kommen wir wieder, und dann die Woche darauf und so weiter“, erklärt einer der beiden Kameruner und grinst. „Außerdem kann man ja auch noch die anderen Wechselstellen nutzen“, ergänzt sein Landsmann. Das Spiel würden sie so lange weiterspielen, bis der Betrag von 460 Euro erreicht sei.
„Damit kann ich jetzt Obst und Gemüse auf dem Markt einkaufen“, meint der dritte aus der Runde. Aber könnte er das denn im Supermarkt mit seiner Bezahlkarte nicht auch? Der Mann blickt überrascht, zögert kurz. „Natürlich kann man sagen, das könnt ihr euch auch im Supermarkt besorgen“, entgegnet er dann doch etwas verärgert. „Aber darum geht es nicht. Wir wollen auch flexibel beim Einkaufen sein, genauso wie ihr Deutsche. Alles andere ist doch diskriminierend. Wir müssen die gleichen Rechte haben wie ihr.“
Daraus, daß sie zudem einen Großteil ihres Geldes zu ihren Familien in die Heimat schicken, machen die drei keinen Hehl. „Ich bin gekommen, um meinen Schwestern und ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Das geht nur, wenn ich ihnen regelmäßig Geld schicken kann“, gibt einer von ihnen zu. Wirtschaftliche Motive statt politischer Verfolgung sind oft der Grund für eine Einreise nach Deutschland.
„Meine Schwestern hatten sich total gefreut, als ich ihnen letztes Mal Geschenke aus Deutschland mitgebracht hatte“, verplappert sich der Mann dann noch weiter. War er etwa wieder in seinem Heimatland, obwohl er in Deutschland von Asylleistungen lebt? Er nickt. Im Februar sei er für vier Wochen in Abidjan gewesen, seiner Heimatstadt in der Elfenbeinküste. Das Geld für die Reise hätten ihm Freunde geliehen, sagt er. Die beiden Kameruner hingegen reagieren auf die Frage nach Reisen ins Heimatland zurückhaltender. Einer sagt, er habe Deutschland seit seiner Ankunft nicht verlassen, der andere will sich dazu gar nicht äußern.
Für den nächsten Tag planen die drei zum „Eine-Welt-Haus“ zu gehen, einem weiteren linken Anlaufpunkt für den Tausch von Gutscheinen gegen Bargeld. „Den Gutschein habe ich mir schon besorgt, verkündet der Kameruner und lacht in freudiger Erwartung des Empfangs von weiterem Bargeld am kommenden Tag. Doch nicht nur Linkspartei und Antifa-Gruppen beteiligen sich an der Sabotage des Bezahlkarten-Systems.
Mit den Grünen unterläuft auch eine Partei der Ampel-Koalition die Bemühungen Bayerns, den Sozialmißbrauch und Geldabfluß in die Herkunftsländer der Migranten zu bekämpfen. Dabei hatte die Öko-Partei gerade erst verkündet, sie wolle ihre gegenwärtige Migrationspolitik überdenken. In der Innenstadt von Regensburg, wo sich in der Wollwirkergasse 17 die Grünen-Geschäftsstelle befindet, ist davon jedoch wenig zu spüren. Vielmehr nutzt die Partei ihre dortigen Räumlichkeiten, um ebenfalls Gutscheine in Geld umzutauschen. Auch hier hat sich eine Warteschlange aus Migranten gebildet. Die „Kundschaft“: ähnlich wie die bei der Linkspartei in München, nur daß es hier nicht ganz so viele sind wie in der Landeshauptstadt.
Grünen-Geschäftsstelle betätigt sich als Wechselstube
Auch die im Schaufenster der Grünen aufgehängten Infoplakate zeigen alles andere als einen Wechsel oder ein Einlenken in der Migrationspolitik. „Grüne Migrationspolitik wirkt“, verkündet die Partei dort stattdessen stolz. Verbunden mit der Aussage, daß von einer weltoffenen Einwanderungspolitik alle profitieren würden. Seit Januar 2023 gelte das „Chancenaufenthaltsrecht“, das 137.000 Geduldeten den Weg in den Arbeitsmarkt und die gesellschaftliche Teilhabe“ ebne, steht da triumphierend, während an anderer Stelle im Text die vereinfachte Einbürgerung lobgepriesen wird. Umdenken klingt anders.
Über einem „Atomkraft nein danke“-Aufkleber hängt zudem ein Zettel für die Migranten: eine Anleitung dazu, wie man per Bezahlkarte die Gutscheine erwirbt und sie bei den Grünen zu Geld machen kann. Das Ganze in deutscher, englischer und arabischer Sprache verfaßt sowie mit Hinweisen versehen, in welchen Geschäften der Erwerb der Gutscheine möglich ist und wo genau sie dort zu finden sind.
In unmittelbarer Nachbarschaft zur Geschäftsstelle befindet sich neben dem Büro des örtlichen Grünen-Landtagsabgeordneten auch das des Bundestagsabgeordenten Stefan Schmidt. Auch er legt den Fokus auf die Migrationspolitik. Und auch er bejubelt die angeblichen Erfolge seiner Partei. „Unsere Migrationspolitik heißt: Zukunft willkommen“, läßt er sich auf einem Plakat mit seinem Konterfei darauf zitieren und lobt Chancenaufenthaltsrecht, Fachkräfteeinwanderungsgesetz sowie neues Staatsangehörigkeitsrecht als Elemente für die Stärkung der Demokratie, während seine Partei in Deutschland Wahl um Wahl an Zustimmung einbüßt. Auch die direkte Nachbarschaft rund um die Grünen-Büros gibt ein klar linkes Bild. Hammer-und-Sichel-Symbole zieren die Hauswände, ebenso „Antifa-Area“-Schmierereien.
Unterdessen nimmt die Anti-Bezahlkarten-Kampagne weiter an Fahrt auf. Auch in Nürnberg und Dachau haben sich inzwischen Anlaufstellen gebildet; in Regensburg ist neben der Grünen-Geschäftsstelle eine weitere „Wechselstube“ hinzugekommen. Selbst beim Fußball versucht die Initiative Fuß zu fassen. Zu Heimspielen von Bayern München existiert eine weitere Anlaufstelle am Südkurvenplatz.
Was sich dahinter verbirgt und wer die Drahtzieher hinter dem Bezahlkarten-Boykott sind, lesen Sie in Teil zwei dieser Reportage in der kommenden Ausgabe.
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