© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/24 / 25. Oktober 2024

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Immer noch nicht ganz dicht

Baubeginn war 2010, 2014 sollte die Erweiterung des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses des Bundestags (MELH) mit einer Halle für 1.200 Besucher und einer Kantine fertig sein. 15 Jahre später, im Jahr 2025, soll endlich die Eröffnung stattfinden, war kürzlich in einer Sitzung des Bauausschusses zu erfahren. Die Kosten sind aufgrund zahlreicher zu beseitigender Mängel und Fehlplanungen von 190 auf sage und schreibe 340 Millionen Euro gestiegen. Neben dem Berliner Flughafen gilt das MELH als weiterer Beleg für das Versagen des Staates als Bauherr.

In einem Bericht des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen heißt es: „Die bauliche Fertigstellung des Erweiterungsbaus des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses ist im wesentlichen abgeschlossen.“ In einer Sitzung des Bundestags-Bauausschusses prognostizierte ein Regierungsvertreter: „Das Haus geht nächstes Jahr in Nutzung.“ Eines der großen Probleme war die undichte Beton-Bodenplatte, durch die Wasser der nahen Spree eindringen konnte. Nun soll die Sanierung der Bodenplatte „fachgerecht und vollständig“ ausgeführt sein. Ein unabhängiger Sachverständiger habe „keine nennenswerten Feuchtigkeitseintritte festgestellt“. 

Daß die Platte wohl immer noch nicht ganz dicht ist, geht aus dem Bericht klar hervor: „Feuchtigkeitseintritte in geringem Umfang sind dennoch in der Zukunft nicht vollständig auszuschließen.“ Auch deshalb wurden für viel Geld technische Anlagen auf Stelzen gesetzt und Edelstahlwannen „in sensiblen Bereichen“ aufgebaut. Anders ausgedrückt: Wenn im zweiten Untergeschoß das Wasser schwappt, funktioniert die Technik trotzdem, weil die Anlagen entweder in Wannen oder auf Stelzen stehen. Die erstaunten Abgeordneten bekamen von dem Vertreter der Regierung zu hören, daß undichte Bodenplatten gar nicht so selten seien. Deshalb würden wichtige elektrische und elektronische Anlagen unterm Dach untergebracht, um Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden. So sei beispielsweise beim Neubau des Berliner Schlosses verfahren worden. Warum ausgerechnet beim Marie-Elisabeth-Lüders-Haus die Elektronik im Keller untergebracht wurde, konnte in der Sitzung nicht geklärt werden. Wollten die Bundestagsabgeordneten die oberste Etage für sich – wegen der schönen Aussicht auf die Hauptstadt? Bekanntlich herrscht im Bundestag um die Büros in den höheren Etagen stets heftiges Gerangel.    

Ob das Gebäude überhaupt noch gebraucht wird, ist fraglich: Denn durch die Verkleinerung des Bundestags von 736 auf 630 Abgeordnete im nächsten Jahr und angesichts mehrerer weiterer Bauprojekte der Bundestagsverwaltung hätte man die beste Lösung wählen und den Erweiterungsbau abreißen sollen, wie es zuvor bereits mehrfach diskutiert worden war. Denn neue Vorschriften für Heizung und Brandschutz hatten umfangreiche Umbaumaßnahmen im noch nicht fertiggestellten Gebäude notwendig gemacht, was wiederum zu Mehrausgaben in Millionenhöhe führte.