Die Dinger gehen weg wie warme Semmeln, rund tausend pro Tag, hört man. Es gibt ein gewaltiges Bedürfnis nach diesem Büchlein. Also ein Verlangen nach Ortsveränderung, nach Flucht, nach „Nichts wie raus aus diesem Irrenhaus“, in das sich Deutschland mittlerweile verwandelt hat, und Thor Kunkel hat dieses Bedürfnis befriedigt.
Ja, Kunkel ist nicht nur phantasievoller Romancier, sondern auch Menschenfreund und als solcher so eine Art Fluchthelfer. Während das Bundesinnenministerium mit Millionenzuschüssen das „Handbook Germany“ finanziert, eine vielsprachige Fibel, die illegalen Immigranten hilft, ihre Abschiebung herauszuzögern oder ganz in Deutschland zu bleiben und es zuzurichten wie die Elendslöcher, aus denen sie geflohen sind, arbeitet der deutsch-schweizerische Autor auf der anderen Seite: Mit einer Hilfestellung zur Auswanderung Deutscher in ein Nachbarland, in dem die Züge noch pünktlich fahren und Messer in erster Linie zum Verzehr eines Steaks bestimmt sind.
Kunkel ist selber Flüchtling. Man muß sagen, daß der Romancier Deutschland und seinem Literaturbetrieb eine echte Chance gegeben hat: Mit dem gefeierten „Schwarzlicht-Terrarium“ lieferte er den Tarantino-Roman zu den 1970er-Freak-Jahren ab, mit dem erfolgreich verfilmten „Subs“ eine Leiharbeiterposse, mit der „Endstufe“ einen üppig erzählten Prachtroman über die Jeunesse Dorée der Nazis, actiondrall und gleichzeitig voller somnabuler Handlungsstränge, mit den „Gärten der Eloi“ eine beißende Satire auf die grünen Khmer, ferner einen Unter-Wasser-Thriller … und er soll, so munkelt man, schon wieder an einem komplett irren 1.000-Seiten-Ding sitzen, dieser deutsche Thomas Pynchon.
Allerdings schüttete ihm der Betrieb dann vor Jahren Jauche vor die Füße und rief: „Igitt, der ist ja braun!“, und so packte er seine Sachen und zog in die Schweizer Bergwelt. Sein gutes Recht! Allerdings sollte er damit aufhören, uns in den sozialen Medien zu demütigen mit Fotos, die ihn beim Training zeigen: ein kerngesunder 60jähriger mit langer Matte, schwellenden Muskeln und strotzender Lebensfreude! Man kommt sich vor wie der letzte Loser.
Aber er gibt uns eine faire Chance, es ihm gleichzutun: Jetzt also hat er dieses Büchlein herausgebracht, das aussieht wie der rote Paß der Schweiz, dem begehrtesten Paß der Welt, und es heißt logischerweise „In die Schweiz auswandern – aber richtig“. Sein „Praxisratgeber“, der im Kopp-Verlag erscheint, richtet sich an jene Deutschen, die es ihren jährlich rund 200.000 Landsleuten nachmachen wollen und sich aus dem „Failed State“ Bundesrepublik verabschieden in eben jene Eidgenossenschaft, die sie aus dem Urlaub kennen.
Ein Buch gespickt mit Informationen, über die steuergünstigsten Regionen, die auszufüllenden Formulare, die Pro und Contra dieses Heimat-Wechsels, über die Sprache, die Währungssicherheit, die medizinische Versorgung, über Neutralität und Mitbestimmung, Bildungs- statt Schulpflicht etc.
Natürlich ist die Schweiz nicht das Shangri-La, und Kunkel listet die üppigen Preise von Käse, Butter, Milch auf wie jede sparsame Hausfrau, allerdings werden diese mehr als wettgemacht durch Niedrigsteuern und vor allem durch das an Lebensqualität, was unter dem rot-grünen Horrorregime der schlampigen und rechenschwachen Kiffer verlorengegangen ist. Also unter jenen, die mit dem Mantra „Nun sind se halt da“ ihrer Ziehmutti Merkel in eine prekäre Zukunft schlurfen.
Denn es ist ja nicht nur die Liebe zur Natur, die die Deutschen über die Grenze treibt. „Der wahre Grund, warum die Schweiz das Lieblingsland des deutschen Auswanderers bleibt, ist der Wunsch nach einer Rückkehr zur Normalität und einem Leben ohne die zweifelhafte Bürde, afro-arabische Großfamilien oder Sozialnetzbesiedler zu finanzieren.“
Und Kunkel legt Wert darauf, daß seine Liebe zur Schweiz keinem modischen Impuls folgte, sondern daß er bereits 2014 folgende Sätze zu Papier brachte: „Man muß in die Schweiz nichts hineinbehaupten, aber in einer Hinsicht ist sie vorbildlich: sie ist die Antithese zum normierten Einheitseuropa und der schlagende Beweis, daß es eben auch anders geht. Sie straft alle Lügen, die behaupten, es gäbe keine Alternative.“ Und das sind Sätze, die noch vor der „alternativlosen“ Migrationsschwemme geschrieben wurden.
Allerdings sollte noch dies hinzugefügt werden, und Kunkels Grüße aus seinem Chalet hoch über dem Rhone-Tal sind der beste Beweis dafür: Die Schweiz ist nicht nur deshalb schön, weil sie nicht Deutschland ist. Sie ist für sich genommen ein Juwel und die wahrscheinlich beste lebensverlängernde Maßnahme, die man ergreifen kann.
Außer, man lebt bereits an der Küste, dort, wo andere Urlaub machen.
Thor Kunkel: In die Schweiz auswandern – aber richtig. Schritt für Schritt zu einem freieren und besseren Leben in der Schweiz. Kopp Verlag, Rottenburg 2024, gebunden, 144 Seiten, 14 Euro