© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/24 / 18. Oktober 2024

Frisch gepresst

Deutschlandreise. Hasnain Kazim auf der Suche nach dem, was unser Land zusammenhält. Was eint die Menschen, was trennt sie? Klingt interessant. Und dann noch mit dem Fahrrad. Und schon geht es los. Schnacken mit Küstenfischern in Cuxhaven. Hier kennt er sich aus und erklärt: „Ich habe Cuxhaven nie gemocht“. Erhitzte Gespräche in einer Eckkneipe in Herdecke? Mit Fans des FC Schwedt 02 beim Heimspiel gegen BSG Stahl Brandenburg? Mit Kneipen hat er es nicht so. Und Fußball sei nicht so sein Ding, sagt der ehemalige Spiegel-Auslandskorrespondent. Im Alten Land trifft er Schulfreundin Claudia und deren Freund Timo. Sie parlieren über „rechtsextreme Parolen“ gegen Flüchtlingsunterkünfte, die ähnlichen Fluchterfahrungen von Ostpreußen, Schlesiern, Syrern und Afghanen. Zum Schluß laden Claudia und Timo ihn ins Restaurant „Heimatliebe“ ein – betrieben von Muharrem und Semih. Kazims Fazit: „Muharrem und Semih sind auch von hier. So wie Timo und Claudia. Und ich. Und das ist die Schönheit von Deutschland.“ Ganz in diesem Sinn stellt er auf seiner Reise entlang von Oder und Neiße fast schon entsetzt fest, daß er bislang keinem einzigen Menschen begegnet sei, der nicht weiß ist. Dann spricht er von einer „Bruchbude“ nahe Uckermünde. „Im oberen Stockwerk hängt eine schwarz-weiß-rote Flagge mit Eisernem Kreuz aus dem Fenster“, schildert Kazim entsetzt. Daneben ein Transparent: „Widerstand läßt sich nicht verbieten“. Klingelt er, um mehr zu erfahren? Lieber nicht. Kazims Bild steht auch so fest. Dann zieht es ihn wieder schnell nach Westen ins Schwabenland. Schwarz-Weißer geht es nicht. (ctw)

Hasnain Kazim:Deutschlandtour. Auf der Suche nach dem, was unser Land zusammenhält – Ein politischer Reisebericht. Penguin Verlag, München 2024, gebunden, 352 Seiten, 25 Euro




Offen reden. Der ARD-Journalist Constantin Schreiber ist mit seinen kritischen Büchern zum Islamismus etlichen Leuten nicht nur der muslimischen Szene auf die Füße getreten. Der Hetze-Tsunami, der – angestoßen von linken Medien wie taz und Süddeutscher Zeitung – wegen seiner vermeintlichen Islamophobie auf Schreiber zurollte, dürfte bis heute auf den 45jährigen nachwirken. Wenn er also zu einer anderen Debattenkultur aufruft, ist das in Anbetracht dieser Erfahrung glaubwürdig. Den offenen Diskurs sieht er wegen des „eklatanten Lagerdenkens“ in den Medien bedroht, wo man keinesfalls bereit ist, anderen Argumenten „eine Bühne zu bieten“. Auch Universitäten, „wo sich Diskurse eigentlich frei entfalten können sollten“, sind eher von andere niederbrüllenden Studenten geprägt. Schreiber rührt auch das Thema „Haßrede“, „Fake News“ oder Desinformation an, die im Meinungsaustausch reguliert werden sollten. Die Frage, „wer“ fürdiese Grenzziehung autorisiert sei, beantwortet er allerdings auch nur lavierend. (bä)


Constantin Schreiber: Laßt uns offen reden. Warum die Demokratie furchtlose Debatten braucht. Verlag Hoffmann & Campe, Hamburg 2024, gebunden, 126 Seiten, 16 Eur



Letzte Kämpfer. Der Todfeind des Historikers ist der Zeitzeuge. Diese Floskel mißachtend, hatte Christian Hardinghaus vor fast fünf Jahren mit Männern im Greisenalter gesprochen, die noch im Zweiten Weltkrieg gekämpft haben. Diese 13 Soldaten, angefangen mit Otto, der den Bromberger Blutsonntag 1939 überlebt, über Werner, der bei Leningrad einen desertierten Kameraden erschießen muß, Karl-Friedrich, den als „Wüstenfuchs“ unbändiger Durst quält, bis zum Marineschüler Wolfgang, der im Mai 1945 von einem Rotarmisten wegen seiner mit der SS verwechselten Uniform um ein Haar erschossen wird, schildern eindringlich ihre Sicht. Diese soll im Sinne des im Vorwort zitierten Bundeskanzlers und Wehrmachtsoffiziers Helmut Schmidt dazu dienen, „nicht pauschal 19 Millionen“ als Täter zu beleidigen. Nun liegt eine Neuauflage in broschierter Form vor. (bä)

Christian Hardinghaus: Die verdammte Generation. Gespräche mit den letzten Soldaten des Zweiten Weltkriegs. Piper Verlag, München 2024, broschiert, 327 Seiten, 12 Euro