Der Staats- und Völkerrechtler Carl Schmitt (1888–1985) hat eigentlich immer Konjunktur, die sich regelmäßig in Kriegszeiten noch erhitzt. Das bestätigt der Politologe Reinhard Mehring (PH Heidelberg) in seiner Musterung geopolitischer Deutungen in Neuerscheinungen zum Ukraine-Krieg (Leviathan, 1/2024). So schlägt Brendan Simms (Cambridge) einen Bogen von wilhelminischen Großraum-Projektionen über die von Schmitt und Hitler formulierte „deutsche Monroe-Doktrin“ bis zur „Eurasien“-Vision Alexander Dugins, die für westliche „Putin-Arkonologen“ den aktuellen Kurs des russischen „Kriegsführungsstaat“ bestimmt. Auch Herfried Münkler (HU Berlin), „ein Virtuose solcher geopolitischen Szenarien“, sieht in Schmitts Großraumlehre den Schlüssel für die russische Sicht und Rechtfertigung des Ukraine-Krieges. Hingegen gelte für die Soziologin Katharina Bluhm (FU Berlin), die 2023 eine tiefenscharfe Analyse des russischen Transformationsprozesses seit 1990 vorlegte, die Formel „Von Schmitt über Dugin zu Putin“ nur bedingt. Zwar nähre sich Rußlands Rechte auch von Ideen Schmitts. Doch Moskaus „illiberal-konservative Gegenbewegung zur Globalisierung“ sei nicht das Resultat einzelner „Putin-Einflüsterer“. Vielmehr wirken daran „Akteure auf unterschiedlichsten gesellschaftlichen Ebenen mit“. (ob) www.nomos.de/zeitschriften/leviathan