© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/24 / 18. Oktober 2024

Ökologische Zärtlichkeit im Umgang mit dem baukulturellen Erbe
Von der Denkmalpflege lernen

Im vorigen Herbst besprühten und bemalten „Klimaaktivisten“ der „Letzten Generation“ die Säulen des Brandenburger Tors mit orangener Farbe und erklärten, das Monument werde so lange in dem Zustand bleiben, „bis die sozialgerechte Wende weg von der Nutzung von Öl, Gas und Kohle eingeleitet“ sei. Anders als die empörte Öffentlichkeit wertet der Ingenieur Johannes Warda (Universität Bamberg) diese Attacke nicht als Kunstvandalismus, der noch dazu kontraproduktiv sei, weil die für den Klimaschutz werbenden Angreifer eine langwierige, energie- und kostenintensive restauratorische Reinigung dieses nationalen Symbols verursachten. Vielmehr habe die Farbaktion die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, wie eng der Schutz des natürlichen und kulturellen Erbes verbunden sei. Tatsächlich bedeute Denkmalschutz auch aktiven Klimaschutz. Eine Einsicht, die das International Council on Monuments and Sites, die Fachorganisation für das Monitoring des baukulturellen Welterbes, seit 2015 im Einklang mit den UN-Nachhaltigkeitszielen propagiert. Am weitesten ausformuliert hat dieses Konzept das „Green Paper“ der europäischen Heimat- und Denkmalbewegung, das einen neuen, von „Sorge, Behutsamkeit und ökologischer Zärtlichkeit“ geprägten Umgang mit dem baulichen Erbe einfordert. Mit der Konsequenz einer „wahren Bauwende“, die von den klimaschonenden Strategien der Denkmalpflege lernt und auf Restaurierung statt Abriß setzt. Klimaneutralität im Bauwesen könnte dann zum weitreichenden Bauverzicht und zur „radikalen Hinwendung zum Umbau des Bestandes“ führen (Berliner Debatte Initial, 1/2024). (ob)  www.berlinerdebatte.de/initial