Ex-Stasi-Mitarbeiter zu zehn Jahren Haft verurteilt
Berlin. Das Landgericht Berlin hat einen ehemaligen Offizier der DDR-Staatssicherheit wegen Mordes zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Kammer sah es als erwiesen an, daß der heute 80jährige damalige Stasi-Oberleutnant Manfred N. im März 1974 im Auftrag des DDR-Geheimdiensts den 38 Jahre alten Polen Czesław Kukuczka am Grenzübergang Berlin-Friedrichstraße hinterrücks erschossen hat (JF 43/23). Die Tat sei „gnadenlos ausgeführt“ worden, hieß es in der Urteilsbegründung. N. erschoß sein Opfer damals, als es den letzten Kontrollpunkt Richtung West-Berlin passiert hatte. Kukuczka hatte zuvor versucht, in der polnischen Botschaft in Ost-Berlin mit einer Bombenattrappe seine Ausreise zu erzwingen. Zum Schein war man dort auf seine Forderungen eingegangen und ließ ihn von der Stasi zum Grenzübergang bringen, wo der entsprechend instruierte Schütze bereits wartete. Bereits unmittelbar nach der Tat hatte die damalige Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter (JF 48/11) Vorermittlungen eingeleitet. Weil Mord im Unterschied zu Totschlag nicht verjährt, konnte dem ehemaligen Stasi-Schützen auch 50 Jahre nach der Tat der Prozeß gemacht werden. Nach Ansicht der Richter hätte N. trotz des Stasi-Auftrags durchaus „Handlungsspielräume“ gehabt. Er hätte den Flüchtling nicht töten müssen, von dem keine Gefahr mehr ausgegangen sei. „Es ging nur um die Umsetzung der Staatsdoktrin der DDR“, ist das Gericht überzeugt. (vo)
Grüne-Jugend-Vorsitz: Klimaaktivist kandidiert
BERLIN. Der „Fridays for Future“-Mitgründer Jakob Blasel hat angekündigt, für den Vorsitz der Grünen Jugend kandidieren zu wollen. Gemeinsam mit Jette Nietzard will er die Gruppierung nach dem angekündigten Rückzug des vorherigen Vorstands anführen. Zusammen mit Luisa Neubauer forderte Blasel in den vergangenen Jahren immer wieder einen größeren Fokus der Politik auf Klimaschutzmaßnahmen. 2020 hatte er sich für „mehr radikale Klimaaktivistinnen im Parlament“ ausgesprochen. Jetzt will er offenbar selbst mitgestalten. Er sei überzeugt, als Chef der Jugendorganisation einen Unterschied machen zu können. Es gelte, die Politik zu verändern und in der Realität junger Menschen etwas zu bewegen. „Ich bleibe, weil es keinen anderen Ort gibt, an dem sich so viele junge, stabile Menschen für linke Politik einsetzen – von Menschenrechten bis zu sozialer Gerechtigkeit.“ Er teile die Kritik an der Bundespartei des Vorstandes der Grünen Jugend, der im September zurückgetreten war. „Politisch kann es so nicht weitergehen. Der Kurs auf eine schwer greifbare ‘Mitte’ befeuert am Ende nur den Rechtsruck“, warnte Blasel. Besonders störe ihn die aktuelle Migrationspolitik seiner Partei. „Wir müssen Fluchtursachen bekämpfen statt die Menschen, die fliehen. Doch wie soll das gelingen, wenn die Grünen sich rechter Politik immer weiter anbiedern und Asylkompromisse mitgetragen werden, die menschenunwürdig sind? Wir brauchen globale Gerechtigkeit statt einer Festung Europa!“, wetterte Blasel. Nietzard begründete ihre Kandidatur damit, „Klima-, Sozial- und Menschenrechtspolitik von links in Parlament und Straße zu stärken“ zu wollen. „Mehr denn je braucht man in der aktuellen politischen Situation einen linken Jugendverband. Einen Jugendverband, der die Grünen immer weiter nach links stößt und an ihre Grundwerte erinnert“, betonte sie auf Instagram. (zit)