Als ich vergangene Woche davon hörte, daß im Kreis Celle alle Jugendfußballspiele von der U10 aufwärts für drei Wochen abgesagt sind, kam mir unwillkürlich eine der genialsten Schlagzeilen der vergangenen Monate in den Sinn. Sie lautet: „Der osmanische Fußballreichsparteitag nervt“. Zu lesen am 3. Juli auf unserer Online-Seite. Autor Julian Theodor Islinger ließ sich über die ausufernden Siegesfeiern, die Autokorsos, die Rumballerei, den Wolfsgruß nach den Siegen der türkischen Mannschaft bei der Fußball-EM aus.
Ich habe absolutes Verständnis für Euphorie, für Siegestrunkenheit nach großen Erfolgen. Auch ich war 1990, als wir Fußballweltmeister wurden, auf dem Kudamm. Und sechs Jahre später nach Oliver Bierhoffs Golden Goal bei der EM in England wieder. Was mich nervte, war, wenn sich Freude mit Aggressivität paarte. Das kam kaum vor, aber ein paar Kandidaten hatte man immer dabei, wenn Zehntausende feierten. Bei den Türken hat sich der Anteil dieser unsympathischen Klientel nach meinen Beobachtungen verschoben. Die Aggressivität und der Chauvinismus übertönten die Freude über den sportlichen Erfolg.
Warum aber kam mir das in den Sinn, als ich über Celle, den Jugendfußball und die abgesagten Spiele las? Weil das alles wegen ausufernder Gewalt geschah. In allen Altersklassen verprügelten schlechte Verlierer die Sieger. Wer nun genau dafür verantwortlich war, konnte ich weder beim Fußballverband noch bei den Lokalmedien herausfinden. Aber als ich selbst noch kickte, waren es meistens die Jungs, die wir damals „Ausländer“ nannten. Heute hat sich das geändert. Die Nationalität der Täter wird nur benannt, wenn es sich um „Deutsche“ handelt.