© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/24 / 11. Oktober 2024

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
„Ihr glaubt es kaum …“
Paul Rosen

Eine Flut von Broschüren und Flyern ergießt sich über die Bundesbürger, sollten sie auch nur in die Nähe eines Ministeriums oder einer Veranstaltung mit Regierungsbeteiligung kommen. Die AfD-Fraktion hat nachgefragt, wie hoch die Kosten dieser Publikationen sind. In der Antwort heißt es, daß für Print- und Online-Publikationen im vergangenen Jahr insgesamt rund 5,98 Millionen Euro Steuergelder ausgegeben wurden. Die Kosten für solche Veröffentlichungen in den Jahren 2020 bis 2022 beziffert die Bundesregierung auf insgesamt rund 17,53 Millionen Euro.

Nun ist eine Broschüre des Justizministeriums zum Thema „Erben und Vererben“ sicher wichtig. Immerhin wurde in Deutschland im Jahr 2022 Vermögen im Gegenwert von 59,7 Milliarden Euro durch Erbschaften und Schenkungen übertragen. Wer da Fehler macht, kann schnell vom Finanzamt eine hohe Rechnung erhalten. Justizminister Marco Buschman (FDP) ließ von der Broschüre 10.000 Exemplare drucken, was 5.047,40 Euro gekostet haben soll. Warum für das Heft ausgerechnet in nur einer einzigen Tageszeitung, die in Berlin erscheint, geworben wurde, ist der Antwort allerdings nicht zu entnehmen. Auch bei anderen Regierungspublikationen wurden nur einzelne Medien bedacht. Das Arbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) ließ in zwei überregionalen Zeitungen den Prospekt „Deutschland wird barrierefrei!“ beilegen. Eine Bewerbung durch Youtuber oder Influencer finde nicht statt, wird von der Regierung mitgeteilt. Dabei wäre das ein Weg, um vor allem die jüngere Generation zu erreichen.

Denn so werden vor allem Kinder nichts von der „Würfelnatter Emma Lange“ erfahren. Die Natter findet sich in einem Kinderbuch, das das Umweltministerium von Ministerin Steffi Lemke (SPD) herausgegeben hat. Unter dem Titel „Wer bist Du denn?“ geht es um bedrohte Tierarten, wie etwa die Würfelnatter. „Die Würfelnatter Emma Lange / ist eine äußerst schlaue Schlange. / Fühlt sich die Emma mal bedroht, / ihr glaubt es kaum, / stellt sie sich tot“, ist in dem Büchlein zu lesen, das in einer Auflage von 50.000 Exemplaren erschienen ist und 5.047,40 Euro gekostet haben soll. Niedlich ist auch ein zweiseitiger Flyer „Bienen füttern“, der in die Verantwortung des Landwirtschaftsministers Cem Özdemir (Grüne) fällt. Hier gibt es Tips für Balkonpflanzen und Gartenblumen, von denen sich Bienen angeblich besonders viel Nektar holen können. Der Flyer mit einer Auflage von 200.000 Exemplaren kostete den Steuerzahler 12.167,61 Euro.

Zur Öffentlichkeitsarbeit zählt auch ein „Schutzbrief gegen weibliche Genitalverstümmelung“. Den Schutzbrief sollen sich Frauen aus fremden Kulturkreisen in den Paß legen, wenn sie aus Deutschland ausreisen: „So können Sie Ihrer Familie eindeutig zeigen, daß weibliche Genitalverstümmelung in Deutschland eine mit langjähriger Haft bedrohte Straftat ist“, heißt es im Schutzbrief. Ob die gutgemeinte Aktion auch nur eine Frau schützen kann, ist trotz der Unterschrift von sechs Bundesministern höchst fraglich.