Nach dem Erscheinen von „Der Turm“ (2008), seines monumentalen, mit dem Deutschen Buchpreis prämierten „Wenderomans“, vom Literaturbetrieb als „der ostdeutsche Thomas Mann“ gefeiert, ist Uwe Tellkamp 2022 mit seinem neuen Roman „Der Schlaf in den Uhren“ auf Literaturkritiker gestoßen, deren Reihen fast geschlossen waren, als es darum ging, das Werk zu verreißen. Ihre geballte Ablehnung kommt daher für die Germanistin Eva Stubenrauch (HU Berlin) einer „Aufforderung zum Nicht-Lesen“ gleich (Zeitschrift für deutsche Philologie, 2/2024). Zu erklären sei dieser Liebesentzug des Feuilletons primär mit dem „Rechtsruck“ des Dresdner Autors. Den habe er 2018 öffentlich gemacht, als er äußerte, daß 95 Prozent der nach Deutschland einströmenden Zuwanderer nicht vor Krieg, sondern in ein funktionierendes Sozialsystem fliehen. Tellkamp habe sich seitdem im „neurechten“ Diskurs positioniert. Im Urteil seiner Kritiker verdarb dieses politische Engagement dann die literarische Qualität des neuen Romans. Finden sich darin doch derart zahlreiche demokratie-, islam- und migrationskritische Aussagen, daß der Text zum „Thesenroman“ gerinne. Ein wahres Kunstwerk sollte hingegen nicht ausschließlich Wirklichkeit abbilden, sondern Möglichkeiten und Rätselhaftigkeiten des Lebens. Indes sei Tellkamps daraus resultierende Schwäche, Realitäten zu vereindeutigen, auch seinen Kritikern zu attestieren. Deren verkürzende Deutungen riefen mit ihrer Gleichsetzung von „ostdeutsch, rechts, demokratiekritisch“ genau diejenigen Topoi des Ideologieverdachts auf, die die Fronten im literarischen Feld verhärten. (wm) https://zfdphdigital.de