Von den rund 45.000 Kirchengebäuden, die der Bundesbaukulturbericht 2018/19 auswies, werden in zehn Jahren 20.000 verschwunden sein. Diesen drohenden Kahlschlag, eine Folge des Bedeutungsverlustes der ehemaligen „Volkskirchen“ als Institution, will die Kunsthistorikerin Barbara Welzel (TU Dortmund) nicht kampflos hinnehmen. Sie unterstützt daher die Initiatoren eines im Mai dieses Jahres publizierten „Kirchenmanifests“, das sich für den Erhalt möglichst vieler Kirchen und gegen deren Abriß oder Profanierung bis hin zur Nutzung als private Immobilien einsetzt, um damit eine „grundstürzende Veränderung europäischer Kulturlandschaften, Dörfer und Städte“ zu stoppen. Denn Kirchengebäude seien mehr als religiöse Orte. Sie seien auch „die größten Überlieferungsträger Europas“, bewahren sie doch mehr Kunstschätze als Museen. In den Metropolen zwar stärker als „Kunstorte“ wahrgenommen, fungieren sie in ländlichen Regionen immer noch als „Ankerpunkt der sozialen und kulturellen Infrastruktur“. Wie nirgends sonst werde zudem in Kirchenräumen Geschichte erfahrbar, die bis in die Anfänge der Christianisierung Europas zurückführe. Dieses christliche Erbe könnten sich nicht nur Europäer aneignen, sondern alle Menschen „unabhängig von Ethnie, Religion, sexueller Orientierung“. Auf diese „bewußte Öffnung der Kirchenräume“, die für Welzel primär gerade nicht der geistigen Wiederverwurzelung der Europäer dient, sondern Fremden „kulturelle Teilhabe in diversen Gesellschaften“ ermöglichen soll, dürften sich Millionen von muslimischen Zuwanderern besonders freuen (Herder-Korrespondenz, 8/2024). (dg) www.herder.de/hk/; www.kirchenmanifest.de