Vergleiche zu Mario Draghis Euro-Rede vom 26. Juli 2012, „was auch immer nötig ist“, sind naheliegend. Vorige Woche kündigte China eine Reihe von Maßnahmen an, um die stotternde Wirtschaft wieder in Fahrt zu bringen. Den Anfang machte die Pekinger Zentralbank mit der Ankündigung, ab sofort auch Aktien kaufen zu wollen. Ungewöhnlich war die Liveübertragung der Pressekonferenz. Allein dies wird bereits als Signal gewertet. Am Tag danach kam dann eine Zinssenkung – wieder mal, die bisherigen sind wirkungslos verpufft. Am Donnerstag dann kündigte das Politbüro höhere Staatsausgaben an und versprach, ein weiteres Absinken der Immobilienpreise zu verhindern. Am Freitag versprach eine der wichtigsten Planungsbehörden eine Unterstützung des Privatsektors.
Fast zeitgleich hatte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW-Kurzbericht 73/24) eine Aufwertung des Yuan gegenüber dem Euro gefordert. Die Begründung lautet: Die Erzeugerpreise in Deutschland sind seit 2020 um 40 Prozent angestiegen, in China aber nur vier Prozent. China habe deshalb Wettbewerbsvorteile, die es durch eine Aufwertung zunichte machen sollte. Deutlich wird das am gestiegenen Handelsüberschuß: „Wenn China darauf nicht zeitnah reagiert, müssen auch Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen in den Blick genommen werden.“ Das sind Strafzölle, die das IW nicht so nennt, denn es klingt zu sehr nach Donald Trump. Die waren 2018 dem IW noch ein Dorn im Auge, doch inzwischen wird vor Biden-Bashing wegen dessen China-Strafzöllen gewarnt.
Jetzt kommt als nächster Schritt die Forderung nach EU-Zöllen. Sachlich mag die IW-Argumentation richtig sein. Dumm ist nur: Rücknahme der Wettbewerbsvorteile würde genau das Gegenteil dessen bewirken, was Chinas Ankündigungen erreichen sollen. Letztlich zeigt das IW mit seiner Analyse nur die Schwierigkeiten auf, wenn statt Angebot und Nachfrage der Staat die Preise festlegt. Man findet eben immer eine Statistik, zu der das aktuelle Kursverhältnis nicht paßt. Ob die Zahl dann wirklich relevant ist oder nicht, kann man nicht im Elfenbeinturm bestimmen, sondern nur im Markt. China orientiert sich bei der Festsetzung der Bandbreite des Wechselkurses an einem Währungskorb, in dem der Dollar die Hauptrolle spielt. Die Behörden scheinen aber auch den japanischen Yen im Auge zu halten, denn Japan ist der wichtigste Konkurrent in den Exportmärkten.
Wegen der Schwäche des Yen in der ersten Jahreshälfte bis zum August war auch der Yuan schwach. Pünktlich zum Ende der Yen-Schwäche Anfang August reduzierte China auch den Wechselkurs des Yuan von 7,25 auf 7,15, aktuell sogar nur noch 7,01. Ein niedrigerer Kurs entspricht einem stärkeren Yuan, weil der Kauf eines Dollars weniger Yuan erfordert. Der chinesische Yuan ist also gegenüber Euro und Dollar bereits kräftig gestiegen, bleibt aber nach wie vor wettbewerbsfähig zum ebenfalls stärkeren Yen.
China wird weiterhin versuchen, seine Wirtschaft gesundzuexportieren. Der Wechselkurs spielt dabei für den Wettbewerb mit dem einstigen Exportweltmeister Deutschland eine Nebenrolle. Ausschlaggebend sind die hausgemachten Probleme hierzulande. Dazu kommt, daß Deutschland an der Produktionsverlagerung aus den USA nach China gut verdient hat – der deutsche Maschinenbau hat die Fabriken in China ausgestattet. Mit der Rückführung der Industrieproduktion in die USA ist diese Geldmaschine ausgetrocknet.