Schön, wenn der Bundeskanzler bei seinem enggetakteten Tagesablauf und vollgestopften Terminkalender noch Zeit hat für die wichtigen Dinge. Also nicht für Krisen, Kriege, Katastrophen, von denen es derzeit ja die eine oder andere gibt. Auch nicht für das Chaos in seiner Koalition (siehe oben), das möglicherweise die ordnende Hand eines Chefs – „wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch“ – verlangte. Nein, Olaf Scholz ließ es sich nicht nehmen, am Freitag vergangener Woche ein Grußwort zu sprechen bei der „Queerpolitischen Menschenrechtskonferenz der SPD-Bundestagsfraktion“. Der Begriff „queer“ werde, erläutert die Bundesregierung in diesem Zusammenhang, als „Sammelbezeichnung für lesbisch, bisexuell, schwul, trans*, inter* oder mehr verwendet“. Vor den queeren Genossen wurde der Kanzler grundsätzlich: „Alle müssen hier in Deutschland frei, ohne Angst und in Sicherheit leben können“, sprach er, ließ allerdings offen, ob er dies auch auf Volksfeste bezieht. Gelobt hat er sich und seine Regierung dann nicht nur für Regenbogenflaggen auf dem Kanzleramt, sondern auch dafür, daß gegen die sexuelle Orientierung gerichtete Taten nun härter bestraft werden. Außer der Scholz- gab es bei der Konferenz auch eine „Drag“-Show unter dem Motto „so haarig“, was sich offensichtlich nicht auf des Kanzlers Haupt bezog, sondern eher auf den Scham-Bereich der Darstellendinnen. Aufgetreten ist mit einer „Keynote-Speech“ auch der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang. Der trug am Revers die den schlichten Regenbogen zunehmend ersetzende „Progress-Pride“-Flagge (JF 34/23) und referierte über „Antifeminismus und Queerfeindlichkeit als Strategie von rechten und ausländischen Akteuren“. Möglicherweise deutet sich da bereits ein neuer Beobachtungstatbestand an.