In den Niederlanden sind Bombenattentate, Auftragsmorde und Sprengstoffattentate längst Teil des kriminellen Alltags. Nun scheint der Spuk auch nach Deutschland herüberzuschwappen. Eine Explosionsserie in Köln könnte mit solchen Bandenkriegen im Zusammenhang stehen. „Es gibt offensichtlich im Milieu offene Rechnungen, die noch beglichen werden“, sagte der Chef der Kölner Kriminalpolizei, Michael Esser. Sicherheitsexperten machen die „Mocro-Mafia“ dafür verantwortlich. Er ist zum Sammelbegriff für organisierte Verbrechergruppen geworden, deren Mitglieder ursprünglich aus der marokkanischstämmigen Bevölkerung kommen.
Weil einige Medien bei der Bezeichnung einen rassistischen Einschlag festgestellt haben, gilt sie als verpönt. Und so ganz zutreffend ist der Begriff wohl auch nicht mehr. „Die sogenannte Mocro-Mafia begann in den neunziger Jahren mit dem Import von Cannabis in die Niederlande und erweiterte später ihr Geschäft auf den Import von Kokain“, sagte Dirk Peglow, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, gegenüber der Deutschen Welle: „Wir haben es daher mit einer Gruppe zu tun, deren Strukturen seit Jahrzehnten etabliert sind. Wobei schon längst nicht mehr nur marokkanische Staatsangehörige dieser kriminellen Organisation angehören.“ Brutalität und Sprengstoffattentate gelten in Ermittlerkreisen als Handschrift der „Mocro-Mafia“. Öffentliche Aufmerksamkeit erregte sie vor mehr als zehn Jahren mit einem Bandenkrieg und damit verbundenen Dutzenden kaltblütigen Auftragsmorden, darunter an dem holländischen Investigativjournalisten Peter de Vries.
In Nordrhein-Westfalen wächst die Unruhe. Im Sommer gab es bereits fast zehn Anschläge. Die Entwicklung könnte auch mit der Legalisierung von Cannabis zusammenhängen. Der Markt wird einfach größer. Und: Der Erwerb der Droge ist zwar mittlerweile auch in Deutschland gestattet, die kommerzielle Produktion aber nicht. Als die Niederlande Cannabis in kleinen Mengen legalisierten, hatte man versäumt, legale Versorgungswege zu schaffen. Marokkanische Banden witterten das Geschäft. Der Maastrichter Kriminologe Robin Hofmann nennt das den „Ursprung der Mocro-Mafia“. Sie dürften nun vom größer gewordenen Markt in Deutschland profitieren, wo die nach dem Lauterbach-Gesetz legal agierenden Anbau-Clubs die Nachfrage der Konsumenten längst nicht decken können.
Im Grenzgebiet, so berichtet es die Polizei, sollen 300 Kilogramm Hasch verschwunden sein. Ein Millionen-Verlust. Die Gruppierung, die um diese Drogen geprellt worden sei, versuche nun, das Cannabis zurückzubekommen oder Schadenersatz zu erhalten, heißt es aus Sicherheitskreisen. In den Niederlanden ist die Lage längst eskaliert. Im Jahr 2024 hat es über 300 Anschläge auf Häuser gegeben. Es sei ein Wunder, daß es noch keine Toten gab, sagen Fachleute. Das Nachbarland gilt als Drehscheibe für den Handel mit Drogen; der Rotterdamer Hafen ist der größte Europas. Und von dort ist es nicht mehr weit bis nach Nordrhein-Westfalen.