Es hätte so einfach sein können. Man läßt den Thüringer AfD-Alterspräsidenten seine Rede halten und zur Tagesordnung übergehen. Wird die Wahl des Landtagspräsidenten aufgerufen, stellt man einen Geschäftsordnungsantrag auf Veränderung des Wahlmodus, bekommt ihn durch und wählt als „Demokratischer Block“ den vorgesehenen CDU-Kandidaten. Doch zu viel Befriedigung lag darin, die AfD an ihrer – trotz Wahlsieg – fortbestehenden Machtlosigkeit leiden zu lassen. Und die AfD zudem so zu provozieren, daß die etablierten Medien allein ihr die Schuld am unwürdigen Staatsschauspiel zuschöben. Klar, von der CDU bis zur Linken agieren Demokraten – während die AfD nach faschistischer Machtergreifung giert.
Nach diesem Drehbuch wird noch oft gespielt werden. Das Freund-Feind-Schema als Kern von Politik erlebt fröhliche Urständ. Anscheinend ist es egal, daß „Legitimation durch Verfahren“ mißlingt, wenn mitten im politischen Streit genau jene Regeln verändert werden, nach denen zivilisiert gestritten werden könnte. Von politischen Toren unbemerkt, läuft das Mästungsprogramm zugunsten der AfD also weiter. Ob ihrerseits die AfD endlich begreift, daß ihr kein Wahlsieg ohne absolute Parlamentsmehrheit nützen kann, solange sie nicht nach Rhetorik, Positionen und Personalangebot koalitionsfähig ist?
Prof. Dr. Werner J. Patzelt ist emeritierter Lehrstuhlinhaber für Politikwissenschaft an der TU Dresden