© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/24 / 27. September 2024

Zur Lage jüdischer Wissenschaftler an deutschen Hochschulen
Plötzliche Entsolidarisierung

Vor der Landtagswahl in Thüringen häuften sich geschichtsklitternde Beiträge, die an die „Generalprobe“ der NS-Machtergreifung erinnerten. So wies auch der langjährige Zeit-Redakteur Volker Ulrich auf die Beteiligung der NSDAP an einer im Januar 1930 gebildeten, im April 1931 geplatzten bürgerlichen Mitte-Rechts-Koalition in Thüringen hin (Blätter für deutsche und internationale Politik, 9/2024). Naheliegender als dieser kuriose Vergleich einer profanen Landtagswahl in der noch windstillen Bundesrepublik mit den Zuständen in der von der Weltwirtschaftskrise bedrohten Weimarer Republik scheint die historische Parallele zu sein, die die israelische Soziologin Dani Kranz zieht. Als Mitbegründerin des „Netzwerks Jüdischer Hochschullehrender“ weiß sie von Entwicklungen zu berichten, die tatsächlich ans Frühjahr 1933 erinnern. Es gebe „krasse Fälle“, in denen jüdischen Kollegen angeboten worden sei, nicht im Seminar zu erscheinen und lieber im Homeoffice zu arbeiten. Freigaben für Dienstreisen nach Israel seien verweigert worden, Teilnahmen an israelbezogenen Veranstaltungen würden „aus Angst um die Karriere“ abgesagt. Es zeige sich bei all dem eine plötzliche „Entsolidarisierung der eigenen Kollegen“ (Konkret, 9/2024). Diese sei auch eine Folge davon, daß in universitären „Nahost-Studien“ Israel kaum vorkomme. (ob)

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