Nun also doch 0,5 Prozent. Die Zinssenkung der US-Zentralbank Fed fiel am oberen Ende der Erwartungen von 0,25 bis 0,50 Prozent aus. Ist das nun gut oder schlecht? Die Optimisten sehen in der Zinssenkung den Beweis für den Sieg über die Inflation. Die Pessimisten werten ihre Höhe als Beweis für die Schwäche der Wirtschaft. Der Aktienmarkt steht zunächst noch auf seiten der Optimisten.
Das ist üblich, denn nach Zinssenkungen steigt die Börse in den ersten paar Monaten. Doch ein halbes Jahr später liegt sie im Minus. Diese historische Parallele ist nur beschränkt relevant, denn es ist Wahljahr. Vor den US-Präsidentschaftswahlen sind die Börsen üblicherweise schwach, doch etwa eine Woche vor dem Wahltag beginnen sie wieder zu steigen. Aber welcher der beiden Effekte dominiert diesmal? Zum Jahresende erwarten Terminmärkte einen US-Leitzins von nur 4,08 Prozent (aktuell 4,75). Das würde eine weitere Zinssenkung am 7. November bedeuten. Die Kurssteigerungen könnten weitergehen. Erinnerungen an die Niedrigzinsphase werden wach, als Anleger mangels Zinseinkünften in riskantere Anlageklassen fliehen mußten. Viele sind heute noch überbewertet. Auch der Dax wurde von der Euphorie erfaßt und erreichte vorige Woche ein Rekordhoch von über 19.000. Und das, obwohl es um die Autobauer schlecht steht: VW-Stämme fielen kürzlich unter 100 Euro. Noch 2021, als das milliardenschwere „Dieselgate“ erledigt schien und der Konzern die Welle der Elektroeuphorie ritt, lagen sie bei fast 340. Für Aktien des S&P 500 erwarten Analysten 2025 ein Gewinnwachstum von 15,2 Prozent bei einem Umsatzplus von nur 5,9 Prozent.
Auch bei einem solchen Wachstum wäre der Markt beim 21fachen des Gewinns bewertet, im Vergleich zum 18fachen im Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Nicht nur 2025 muß alles glattlaufen, sondern dies muß auch danach zu erwarten sein. Möglich ist das: Die Stärke der US-Wirtschaft geht auf gigantische Staatsausgaben zurück – Joe Biden hat das höchste Defizit zu Friedenszeiten. Sowohl Donald Trump (Steuersenkungen) als auch Kamala Harris (Subventionen, Sozialausgaben) werden so weitermachen. Aktuell zählen makroökonomische Änderungen. Doch irgendwann werden Bewertungen wieder zählen. Dann müssen entweder die Gewinne stark steigen oder die Kurse fallen.