Die FPÖ hat 70.000 Kilo Gemüse gekauft. Sie will damit die regionalen Bauern unterstützen, die aufgrund der aktuellen Hochwasserkatastrophe mit Problemen in den Lieferketten und beim Absatz zu kämpfen haben. Die Aktion ist auch Teil des Wahlkampfs zur Nationalratswahl, der sich aktuell im Zielsprint befindet und mit dem bundesweiten Urnengang am 29. September enden wird. Rund 6,4 Millionen Österreicher sind dann aufgerufen, auf fünf Jahre ein neues Parlament zu wählen.
Die rechte FPÖ rund um ihren Parteichef Herbert Kickl rechnet sich beste Chancen aus, erstmals in ihrer Geschichte bei einer Nationalratswahl auf dem ersten Platz zu landen. Laut Umfragen liefern sich die Freiheitlichen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der ÖVP, wobei die FPÖ mit prognostizierten 28 Prozent die Nase um ein bis zwei Prozentpunkte vorne hätte. Daß sich die Volkspartei überhaupt einem Kanzler-Duell stellen muß, ist bereits eine Niederlage für sich. Derzeit ist die ÖVP mit 37 Prozent deutlich führend im Parlament vertreten, jedoch mußten sie nach dem Abgang des einstigen Polit-Shootingstars und Ex-Kanzlers Sebastian Kurz sowie zahlreichen Korruptionsermittlungen in seinem Umfeld ordentlich Federn lassen.
Eine Neuauflage von Schwarz-Blau scheint unwahrscheinlich
Laut den Demoskopen ist die Frage nur noch, ob das Minus für die Volkspartei zweistellig wird. Die erwartbare Niederlage würde beim Verlust von Platz eins endgültig zur Demütigung, denn damit wäre naturgemäß auch der Anspruch auf das Kanzleramt verlorengegangen. Dort sitzt aktuell Karl Nehammer im Chefsessel und schießt aus allen Rohren auf FPÖ-Chef Kickl. Der Chef der Blauen wird von Nehammer regelmäßig als „Sicherheitsrisiko“ bezeichnet – ein Vorwurf, der noch auf die letzte schwarz-blaue Koalition unter Sebastian Kurz in den Jahren 2017 bis 2019 zurückgeht, in der Kickl den Innenminister stellte und im traditionell ÖVP-lastigen Innenministerium mit Reformbestrebungen für Furore sorgte. Eine Koalition mit Kickl schließt Nehammer jedenfalls kategorisch aus, ebenso wie die FPÖ eine Regierungsbeteiligung ohne ihren Spitzenkandidaten Kickl ablehnt. Eine Neuauflage von Schwarz-Blau unter diesen Vorzeichen gilt deshalb momentan nicht als sonderlich wahrscheinlich.
Fraglich ist auch, ob der langjährige Parteivorsitzende der Grünen und jetzige Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Chef der Freiheitlichen im Falle eines Wahlsiegs überhaupt mit dem Regierungsbildungsauftrag betrauen und ihn als dezidiert rechten Politiker sodann zum Kanzler angeloben würde. Der Bundespräsident selbst hat sich in Interviews diesbezüglich nicht festgelegt. Rechtliche Verpflichtung zur Angelobung gäbe es zwar keine, es sei jedoch ein Abgehen von politischen Traditionen der Zweiten Republik und ein „Bruch mit dem Geist der Verfassung“, wie Kickl dies selbst kommentierte.
Die Grünen haben erst einmal abgewirtschaftet
Wahrscheinlicher als eine schwarz-blaue oder blau-schwarze Zweckehe gilt derzeit aber ohnehin eine ganz andere Koalitionsvariante; nämlich ein Dreiergespann bestehend aus der einstmals Großen Koalition von ÖVP und SPÖ unter Zuhilfenahme der sozialliberalen NEOS. Die Sozialdemokraten von Linksaußen-Chef Andreas Babler konnten von den zu erwartenden ÖVP-Verlusten bisher nicht profitieren und kommen in keiner Umfrage deutlich über 20 Prozent hinaus. Zwar wären ÖVP und SPÖ als jahrzehntelang erprobtes Regierungsduo so etwas wie natürliche Partner, doch regt sich in den Landesgruppen der ÖVP mittlerweile deutlicher Widerstand gegen SPÖ-Chef Babler. Der Bürgermeister der 20 Kilometer südlich von Wien gelegenen Gemeinde Traiskirchen bezeichnet sich selbst als „Marxist“ und stellt auch dementsprechende politische Forderungen auf, was den Konservativen sauer aufstößt.
Ziemlich sicher nicht mehr in der nächsten Bundesregierung vertreten sind indes die Grünen. Neben der Tatsache, daß eine Fortführung der aktuellen Koalition mit der ÖVP beim zu erwartenden Wahlergebnis keine Mehrheit hätte, ist der Bedarf nach gemeinsamem Regieren auf beiden Seiten vorerst erkennbar gedeckt.
An der Schwelle zur Vier-Prozent-Hürde tummelt sich derweil noch die kommunistische KPÖ, die nach regionalen Wahlerfolgen in Graz und Salzburg aufgrund einer populären Wohnpolitik kräftigen Aufwind erlebt hat. Ein Einzug in den Nationalrat wäre nach jetzigem Umfragestand von rund drei Prozent durchaus in Reichweite. Ebenfalls um den Einstieg ins Parlament kämpft die als satirisches Projekt gestartete Bierpartei, die sich als Reformbewegung und Gegenstück zur etablierten Berufspolitik versteht. Wirklich fest steht bisher eigentlich nur eines: es wird eine der spannenderen Wahlen in Österreichs parlamentarischer Geschichte.
www.bmi.gv.at/412/Nationalratswahlen/Nationalratswahl_2024/start.aspx