© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/24 / 27. September 2024

„Ich habe Bock auf Leben!“
„Marsch für das Leben“: Etwa zweitausend Teilnehmer demonstrieren in Köln gegen Abtreibung / Weniger Störer als im vergangenen Jahr
Niels Rössler

Wolkenloser Himmel, strahlender Sonnenschein und angenehme 25 Grad im Schatten – perfektes Wochenendwetter, um sich vom anstrengenden Alltag zu erholen. Das dürfte bei so einigen Kölnern auf dem Programm gestanden haben. Doch nicht alle Bewohner der Domstadt genießen am vergangenen Samstag Kölsch und Röggelchen. 

An der Deutzer Werft, auf der rechten Rheinseite, ist eine kleine Bühne aufgebaut, um die sich ab Mittag etwa 2.000 Menschen versammeln. Überwiegend junge Erwachsene, viele mit Kinderwagen oder Babytrage, sind vor Ort. Der „Marsch für das Leben“ wagt einen zweiten Anlauf in Köln, nachdem er im vergangenen Jahr durch Sitzblockaden und Gegendemonstrationen von Abtreibungsbefürwortern blockiert worden war (JF 39/23). 

Die Menge der Lebensrechtler ist gut gelaunt, Kinder springen zwischen den Älteren umher, Schilder mit verschiedenen Parolen stehen bereit. Der Marsch der Lebensschützer und die Gegendemonstration finden in diesem Jahr räumlich getrennt statt. Zwar formiert sich am Deutzer Bahnhof der vom Bündnis „Pro Choice Köln“ organisierte Gegenprotest, zu dem ebenfalls etwa 2.000 Teilnehmer gekommen sind. Doch zu sehen ist von den Gegendemonstranten zunächst kaum etwas.  

„Gott ist Liebe“ ruft man den Gegendemonstranten zu

Martine Hoppermann, 21 Jahre jung, blonde Locken, breites Lächeln, betritt die Bühne und moderiert die Veranstaltung. Zu Beginn spricht sie vom Wert und der Schönheit des Lebens; wie wichtig es ist, daß jedem Menschen, ob geboren oder ungeboren, das Recht zugesprochen wird, lebendig sein zu dürfen. Aus „Kölle alaaf“ wird „Kölle alive“. Es folgen verschiedene Redner: ein Lebensrechtsaktivist aus Schottland berichtet, wie weit die Legalisierung von Abtreibungen im Vereinigten Königreich vorangeschritten ist; der Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe (CDU) verleiht seiner Freude darüber Ausdruck, daß der „Marsch für das Leben“ nach Köln gekommen ist. Zuletzt betritt Fabian die Bühne, ein 19jähriger mit Down-Syndrom. Moderatorin Hoppermann fragt ihn, was er den Leuten mitgeben will, die ungeborene Kinder mit Behinderung abtreiben lassen wollen. „Das ist nicht cool, Leute! Ich bin gut drauf und ich habe Bock auf Leben!“, lautet Fabians überzeugende Antwort. Die Menge quittiert sein Statement mit begeistertem Beifall. Ein Grußwort der Deutschen Bischofskonferenz? Fehlanzeige.

Gegen 14 Uhr setzt sich die Menge in Bewegung. Die Route soll über die Severinsbrücke ein Stück weit in die Innenstadt verlaufen, bevor es dann denselben Weg wieder zurückgeht. Die Strecke ist weniger zentral als im vorigen Jahr, aber dafür schwieriger zu sabotieren. Mitten auf der Severinsbrücke kommt der Zug dennoch zum Halten – eine Sitzblockade von Gegendemonstranten versperrt den Weg. Während sich die Polizei ihrer annimmt und die Lebensschützer erst einmal festsitzen, hupen und winken ihnen Autofahrer zustimmend zu, die die Brücke in der Gegenrichtung passieren. Nach einer guten halben Stunde kann der Marsch fortgesetzt werden. Hier und da bilden sich kleine Trauben von Gegendemonstranten am Straßenrand, die mit beschriebenen Transparenten und lauten Parolen auf sich aufmerksam machen wollen. Ein junger Mann, den Kopf in eine Regenbogenfahne gehüllt, schreit die Teilnehmer des Marsches an: „My body, my choice!“ Aus der Menge des Zuges wird als Antwort ein „Gott ist Liebe!“-Sprechchor angestimmt und den „Pro-Choice“-Vertretern ausgelassen zugewinkt.     

Um kurz nach vier endet die Demonstration ohne nennenswerte Zwischenfälle. Ein Teilnehmer scherzt: „Eigentlich schade, daß die Antifa heute nicht so präsent war – die machen von uns immer die qualitativ hochwertigsten Fotos.“ 


 Einen Bericht zum Marsch für das Leben in Berlin lesen Sie auf www.JUNGEFREIHEIT.de