© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/24 / 20. September 2024

Kabinenklatsch
Höllenlärm in der Schüssel
Ronald Berthold

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber beim Fußballgucken gehören für mich große volle Stadien zum Erlebnis dazu. Die Geisterspiele in der Corona-Zeit waren fürchterlich. Daran mußte ich natürlich nicht zurückdenken, als ich mir am Sonnabend das Gastspiel des FC Bayern bei Holstein Kiel angeschaut habe. Aber irgendwie kam es mir vor wie in der ersten DFB-Pokalrunde, wenn Bundesligisten auf Amateure treffen. Nicht nur wegen des Ergebnisses von 1:6, sondern auch wegen der Kulisse. 

Natürlich war das Holstein-Stadion ausverkauft, und die angeblich so kühlen Norddeutschen haben trotz des Spielverlaufs sagenhaft gefeiert – wahrscheinlich, weil sie überhaupt im Kreis der Großen dabei sein können. Und ich freue mich für die Schleswig-Holsteiner, daß sie nach mehr als 60 Jahren nun endlich kein weißer Fleck mehr auf der Bundesliga-Landkarte sind. Aber der Fußballplatz mit seinen 15.034 Plätzen ist in heutigen Zeiten schon ziemlich gewöhnungsbedürftig.

Natürlich hat das kleine Stadion auch Charme. Und oft ärgere ich mich, wenn unterklassige Klubs im DFB-Pokal ihre Heimspielstätten verlassen müssen, weil der Verband meint, dort dürfe man nicht gegen einen Bundesligisten kicken. Aber Bundesliga ist schon etwas anderes. Und außer an der Förde gibt es ja auch in Heidenheim ein genauso kleines Stadion. Irgendwie komisch. Direkt nach dem Kiel-Bayern-Spiel habe ich mir übrigens auch noch 1. FC Köln gegen 1. FC Magdeburg angeschaut. Was für ein Kontrast: 50.000 Zuschauer und ein Höllenlärm in der riesigen Müngersdorfer Schüssel. Da hatte ich mehr das Gefühl, Bundesliga zu schauen als vorher. Dabei war das nur ein ganz normales Zweitligaspiel.