© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/24 / 20. September 2024

CD-Kritik: Konstantin Krimmel, Ammiel Bushakevitz
Mythos, fast versöhnt
Jens Knorr

Alte neue Geschichten von Franz Schubert und Carl Loewe erzählen Bariton Konstantin Krimmel und Pianist Ammiel Bushakevitz. Loewe, ein Jahr vor Schubert geboren, hat den Jüngeren lange Jahre überlebt, und die besten der Lieder des „pommerschen Balladenkönigs“ haben sich erstaunlicherweise nicht überlebt.

In stetem Wechselspiel erscheinen Loewes heimelige Lieder in das unheimliche Licht der Lieder Schuberts gerückt: Durfte der Hörer eben noch mit dem Thürmer aufatmen, der mit rettendem Glockenschlag Eins knapp mit dem Leben davongekommen ist, so belehrt ihn des Kindes Todesflucht vor den Avancen des Erlkönigs eines schlechteren. Dem Auftrag an Schwager Kronos zu aktiver Lebensgestaltung widerredet Einsicht in nicht selbstgewählte Umstände, die den Lebenstakt vorgeben.

Krimmels Erzähler identifiziert sich weder mit Figuren noch mit Handlungen; Erstaunen, Entsetzen, auch Amüsement über die sich ereignenden unerhörten Begebenheiten sind ihm anzuhören. Er legt Kraft in die Ruhe, sucht in gemäßigten Tempi Spannung zu halten und der Versuchung zu widerstehen, Inhalte und Ausdruck außermusikalisch stuckieren und ausmalen zu wollen. Die Geschichte in den Geschichten der Lieder und Liedpaarungen aufzusuchen bleibt diesem exzeptionellen Sänger aufgegeben.

Nimmt der Hörer ein Balladenbuch in die Hand, um die Textvorlagen in zivilisierter Schriftgröße nachzulesen, bleiben ihm immer doch Krimmel, wie er singt, und Bushakevitz, wie er spielt, in den Ohren.


Konstantin Krimmel Mythos. Schubert, Loewe Alpha Classics 2024

konstantinkrimmel.com

www.bushkavitz.com

alpha-classics.com